Es gibt wenige Hütten die so idyllisch gelegen sind, mitten im Lerchenwald und Almgelände, wo sich gelegentlich ein paar Kühe verirren. Dahinter ragen die beeindruckend steilen Türme von Torre Valgrande, Torre Babele, Torre Trieste und dem Torre Venezia in den Himmel. Die Gegensätze können nicht krasser sein. Unter die wenigen Kletterern mischen sich Fernwanderer, die von München nach Venedig marschieren und sich die T-Shirts auf der Hütte waschen. Und die Kletterrouten sind klassisch: Pause-Touren mit alten Rostgurken, schlecht gesichert, abenteuerlich, steil und trotzdem weit über ihre Grenzen hinaus bekannt.
Der Torre Venezia steht gleich hinter der Hütte da wie ein Wolkenkratzer. Will man zur Westwand , muss man den Berg erst einmal halb umrunden. Unterwegs kreuzt man die Südwand mit der „Tissi“, dem wohl bekanntesten und meistbegangenen Klassiker der Gegend.
An der Westseite des Torre Venezia geht es über ein ausgesetztes Band zum ersten Stand der Andrich-Faé, und schon steht man mitten in der Wand. Es geht gleich richtig zur Sache, und wer diese ausgesetzte Kletterei einigermaßen entspannt genießen will, sollte bereits etwas Dolomiten-Erfahrung mitbringen. Das Hakenmaterial dient eigentlich mehr der Orientierung, im Zeitalter der Keile und Friends wird hier wenig nachgeschlagen, in der Route ist Freiklettern angesagt.
Charakter
Steile Wand- und Risskletterei in der unteren Wandhälfte. Oben dominiert eine Bilderbuchverschneidung mit fantastischem Fels über mehrere Seillängen hinweg.
Schwierigkeit
1 SL 6-, sonst oft 5, gelegentlich 4, selten leichter. Man beachte die Dolomitenbewertung, die in den gängigen Führeren immer noch in der von Skala 1 – 6 angesiedelt ist. Deshalb ist der tatsächliche Schwierigkeitsgrad deutlich anspruchsvoller als in den z. B. in nördlichen Kalkalpen.
Absicherung bzw. Material
Gelegentlich Normalhaken aus allen Epochen. Schlingen, Keile und Friends können gelegentlich gut eingesetzt werden.
Zustieg
Richtung Rifugio Tissi bis zu einer Wiese unter der Westwand des Torre Venezia. Nun rechts haltend in die Schlucht, bis ein schmales latschenbewachsenes Band nach rechts in die Westwand leitet. Von der Vazzolér-Hütte ca. 1 ¼ Stunden.
Abstieg
Über das Ringband nach links auf die Nordseite des Torre Venezia queren. Mehrmaliges Abseilen bis zum Beginn einer Schlucht. Dort rechtshaltend wieder abseilen bzw. absteigen. Im unteren Teil der Schlucht entlang von Steinmännern nach rechts hinaus queren. Über einen Vorbau hinunter zum Fahrweg und zurück zur Vazzolér-Hütte.
Stützpunkt
Rifugio Vazzolér (1725 m). Ca. 1,5 Stunden von der Capanna Trieste
Talort
Listolade (682 m). Ein kleiner geteerter Fahrweg leitet durchs Corpassatal zur Capanna Trieste mit Parkmöglichkeit.
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