Die bezaubernde Jeannie II

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Bereits 2019 hat mir Fabian Bendlin von seiner Neutour berichtet und die wichtigsten Details auf meine Seite gestellt. Ein Jahr später stiegen wir nun selbst in die Route ein. Dass es im Geiselsteingebiet was neues Kletterbares zu entdecken gibt, kommt nicht oft vor (vielleicht noch an der Krähe oder am Peissenberger Alpinklettergarten). Dafür ist es dann aber gleich richtig gut. Und es stellt sich immer wieder heraus, dass der Ammergauer Fels der beste im Großraum Allgäu ist.

Von der Kenzenhütte ist es nur ein Katzensprung hinauf zum Kenzensattel, danach ein paar Meter hinunter und nach links hinauf zum Vorbau der Hochplatte. Schon immer ist mir am Vorbeigehen diese beeindruckende Wand aufgefallen. Anhand der Farben erahnte ich aus bereits aus der Ferne, was hier geboten wird: steile graue Plattenfluchten mit schwarzen Wasserstreifen durchzogen, zeugen von der Kompaktheit wie wir es in dieser Gegend auch von der Geiselstein-Nordwand kennen.

Anhand des Wandfotos ist der Einstieg schnell gefunden. Und dann geht es gleich von Anfanfang an gleich richtig zur Sache. Man klettert aus einer wasserzerfressenen Verschneidung auf einen Absatz und weiter über einen kompakten Rücken zum ersten Stand. Gleich danach folgt ein anstrengender Hangel-Quergang nach links über einer glatten Platte. Spätestens jetzt wird klar, in dieser Tour wird einem nichts geschenkt: die Hakenabstände sind sportlich, dazwischen ist Klettern angesagt. Weitere Stationen sind eine lange scharfkantige Wasserille, diverse unübersichtliche Aufschwünge, dazwischen gelegentlich wieder leichteres Gelände, das zur Headwall hinaufführt.

Hier trifft man auf eine große kleingriffige Platte, ein Sturz ist aufgrund der Reibeisenstruktur tabu. In der letzten Seillänge stößt man schließlich auf mehrere Linien, die sich anhand des Bohrhakentyps unterscheiden lassen. Fabian Bendlin war nicht der erste, der hier zugange war. Neben seiner „Bezaubernden Jeannie“ gibt es hier hier noch weitere Routen wie „Inshallah, Shalom und 1000 und eine Nacht“ usw. Im linken Ausstiegsbereich, der in Schrofen überleitet, entdeckten wir das Wandbuch von „Inshalla bzw. Shalom“. Ein paar wenige Einträge zeugten davon, dass die Routen in der schattigen Nordwand im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein führen. Obwohl die beiden älteren Routen im Ammergauer Kletterführer bereits erwähnt sind, ist man hier völlig alleine unterwegs. Die meisten Kletterer zieht es wie immer an den berühmten Geiselstein …

Fazit

Wer in den Ammergauern mal was neues entdecken will, sollte sich an die Hochplatte begeben. Dabei ist die „Bezaubernde Jeannie“ empfehlenswert, vorausgesetzt man beherrscht den unteren 7. Schwierigkeitsgrad und eine gute Vorstiegsmoral. Trotz Bohrhakenabsicherung ist der Weg vor allem im leichteren Gelände nicht immer ganz offensichtlich. Die Tour ist sehr abwechslungsreich, der Fels kompakt und megarauh. Die Standplätze befinden sich auf bequemen Bändern. Durch 3maliges Abseilen (jeweils 60 Meter) ist man schnell wieder am Einstieg zurück. Dabei wird jeder zweite Stand übersprungen. Und man kann nur hoffen, dass das Seil nirgends hängen bleibt …

Schwierigkeit

Überwiegend 6 bis 7. Gelegentlich etwas leichter. Maximal 7+. In der letzten Seillänge gibt es mehrere Ausstiegsvarianten über diverse weitere Routen. Insgesamt 7- obligatorisch. Die angebenen Schwierigkeitsgrade sind eher hart bewertet.

Absicherung

Die Route ist mit Bohrhaken abgesichert. Deren Abstände sind jedoch etwas weiter, sodass der angegebene Schwierigkeitsgrad (bis auf die Schlüssel-Seillänge) zwingend geklettert werden muss. Keile und Friends sind nur bedingt einsetzbar.

Ausrüstung

60-Meter-Doppelseil, 10 Exen, Abseilausrüstung

Ausgangspunkt

Halblech im Ostallgäu. Es befindet sich ein großer Wanderparkplatz an der Straße. Von hier startet stündlich ein Shuttle-Bus hinauf zur Kenzenhütte (ca. 10 Km).

Zustieg

Von der Kenzenhütte entlang der Beschilderung hinauf zum Kenzensattel. Hier ca. 100 Meter entlang des Wanderwegs hinab.  Nun nach links über ein Bachbett bzw. Schrofen hinauf zur bereits gut sichtbaren Wand. Der Einstieg befindet sich bei einer kurzen Verschneidung.

Abstieg

3maliges Abseilen über die Route. Es wird jeder zweite Stand übersprungen.

Unterkunft bzw. Einkehr

Kenzenhütte www.berggasthof-kenzenhuette.de

Shuttle-Bus

www.halblech.de/kenzenhuette.

Literatur

Die Routen „Inshalla und Shalom“ sind im Panico-Kletterführer „Allgäu & Ammergauer incl. Tannheimer Tal“ veröffentlicht. Dieser ist jedoch vergriffen. In der Neuauflage des Kletterführers sind die Ammergauer Routen nicht mehr enthalten. Es erscheint in ungewisser Zukunft ein eigener Kletterführer über die Ammergauer Berge.

Bildgallerie

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1 Gedanke zu „Die bezaubernde Jeannie II“

  1. Wir haben die Tour am Do. 30.7.2020 wiederholt. Sehr schöne Tour, danke an die Erstbegeher. Die 7+ Seillänge ist sehr anspruchsvoll, meinem jüngeren Partner erst nach mehreren Versuchen gelungen. Die Schwierigkeit dieser SL wurde auch anhand eines Schraubkarabiners im 3. Haken sowie weiter oben eines Maillon Rapid dokumentiert, die auf vergebliche Versuche vorheriger Kletterer hinweisen. Die letze SL haben wir über die Shalom links neben Jeannnie geklettert.
    ThomasC und ThomasS

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