Die Elferrinne im Wildental in den Allgäuer Alpen

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Samstag Abend, Kanapee-Nordwand, das Telefon klingelt, Uwe ist am anderen Ende der Leitung: Goosch mit? Ja wohin denn? Ja zur Elferrinne! Erstmal Durchatmen, ich hatte doch noch müde Beine von der Namloser Wetterspitze. Kurze Überlegung. Lawinenlage? Wetterbericht? Ok, sollte passen, ich bin dabei. Morgen um 8 bei mir.

Bei jeder Skitour im Hinteren Wildental schweift mein Blick beim Zustieg nach rechts hinauf zur Elferrinne. Bei den Allgäuer Skibergsteigern ist sie allseits bekannt und es wird viel darüber erzählt. So entstand im Laufe der Zeit auch bei mir der Wunsch, hier einmal abzufahren. Diesesmal bot sich die Gelegenheit, und mit Uwe, Horst, Marion und mir waren wir ein schlagfertiges Team …

Start am obersten Parkplatz im Wildental, ich machte gleich Bekanntschaft mit ein paar motivierten Freeridern bzw. Snowboardern. Sie hatten das gleiche Ziel und wollten endlich mal mehr als 1000 Höhenmeter im Aufstieg mit den Fellen bewältigen, um anschließend über die Rinne abzufahren. Sie fragten mich, wo’s hier eigentlich raufgeht und hatten weder Pickel noch Steigeisen oder Seil dabei. Na das kann ja was werden, so liefen sie „unauffällig“ hinter uns her …

Wir gingen an den Eisfällen vorbei, hinauf zur Hinteren Wildenalpe, Richtung Liechlkopf und in einer großen Rechts-Links-Schlaufe auf den Elferkopf-Wintergipfel. Hier erst mal Brotzeit, Skier an den Rucksack, und in leichter Kletterei über den Wintergipfel hinab zur Scharte, dem Beginn der Rinne.

Sieht ja gar nicht so schlimm aus. Es waren bereits Vorgänger am Werk, Fußstapfen im lockeren Schnee, vielleicht 50 Grad steil und oben ca. 2 Meter breit. Irgendwie mussten wir da jetzt hinunter kommen: Uwe und Horst hatten Steigeisen dabei, ich dafür ein 60-Meter-Seil. Da es hier weit und breit keine fixen Sicherungsmöglichkeiten außer lockeren Schnee gibt, sicherte Uwe Marion und mich von der gegenüberliegenden Hangseite die Rinne hinunter, bis wir den untersten Stand erreichten und das Seil an einem Bohrhaken fixierten. Uwe und Horst kamen seilfrei mit den Steigeisen nach, wir rutschten nochmal am Seil hinab bis die Rinne schließlich flacher und breiter wurde. Es kursieren Anekdoten, dass sie schon komplett mit Skier befahren wurde, wie das funktionieren soll, vielleicht mit Meterlingen, Akrobatik oder 3 Meter Schnee in der Rinne? Fakt ist, dass man hier besser nicht stürzen soll, denn der Kanal ist lang und steil …

Irgendwann stiegen wir in die Skier, eine Hangneigung von ca. 35 Grad, lockerer Schnee auf hartem Grund. Ziemlich anstrengend, mit Sprüngen hin und her ging es vielleicht noch mal 400 Meter in die Tiefe. Wir trafen gelegentlich auf vereiste Passagen, die man besser meidet, um nicht abzugleiten. Nach unten hin wird der Trichter immer flacher und breiter bis zu einem Riesenhang, der im Rechten Winkel hinaus ins Wildental führt.

Geschafft, erstmal durchatmen. Der Blick zurück, hinauf bis zur Scharte. Das ist wahrlich ein Flaschenhals auf eine Länge von ca. 500 Meter, oben 2 Meter unten ca. 50 Meter breit. Die Orientierung ist klar vorgegeben, selbsterklärend immer geradeaus hinunter …

Der Weg ins Wildental: Schönes, freies Skigelände, mäßig steil, allerdings mit anstrengenden harten Lawinenstrichen übersät, bis zum Beginn mehrerer Schluchten und Latschenhängen. Hier hielten wir uns weit links und landeten schließlich unten durch Botanik in einem Bachbett, wovon es wenige Meter wieder hinauf zur Aufstiegsspur zum Elferkopf ging.

Und nochmal der Blick zurück: Ca. 1200 Meter Abfahrt lagen hinter uns, oben steil, unten nervig. Bei geringer Schneemenge ist das ein Kampf durch Lawinenkegel und Vegetation. Schweißgebadet fuhren wir über den schneebedeckten Fahrweg zurück zum Parkplatz, wo wir wieder auf die Freerider und Snowborder vom Morgen trafen. Immerhin waren sie auf dem Elferkopf, auf die Rinne haben sie aber lieber verzichtet …

Talort (Ca. 1200 m)

Mittelberg im Klein Walsertal/Österreich. Etwa in Ortsmitte geht es links ab Richtung Baad, nach ca. 1 Km wiederum links nach Bödmen bzw. ins Wildental. Ca. 2 km weiter verlässt man die Straße nach rechts ins Schwendle hinauf zum Bergheim Moser, der letzten Parkmöglichkeit. Geeignete Einkehrmöglichkeit nach der Tour, Parkgebühr ist im Gasthof zu entrichten.

Aufstieg zum Elferkopf (2350 m)

Über einen Fahrweg zu Fuß weiter bis zu einer Materialseilbahn mit Roter Kugel (1/2 Stunde). Hier geht es rechts ab und über Brücken entlang des Sommerwegs hinauf zur Hinteren Wildenalpe. Anschließend über ein Flachstück entlang des Bachbetts Richtung Liechlkopf, später ansteigend und im hintersten Tal rechts ab bis es wieder flacher wird. Ab hier gibt es zwei Möglichkeiten: a) rechtshaltend in einer weiten Rechts-Links-Schlaufe auf den Wintergipfel des Elferkopfes. Von hier über den Skigipfel mit Gipfelkreuz in leichter, bei Vereisung evtl. heikler Kletterei hinüber zur Scharte der Elferrinne oder b) durch das linke Hochtal, später rechts steil hinauf zur Scharte. Diese Variante ist evtl. eher zu empfehlen, da sie die Kletterei am Wintergipfel meidet. Vom Tal aus ca. 3 Stunden bzw. 1200 Höhenmeter bis zum Beginn der Elferrinne.

Abstieg durch die Rinne (Topo)

Die Schwierigkeit hängt ganz von den Verhältnissen (evtl. Hartschnee oder Vereisung) ab. In der Regel liegt jedoch lockerer Schnee in der Rinne, so dass mit den Ski-Schuhen hinunter gestapft werden kann. Steigeisen, Pickel oder Seil sind vorteilhaft. Am Beginn der Rinne befinden sich keine Felszonen, sodass mittels Körpersicherung oder Firnanker gesichert werden muss. Nach ca. 25 Meter erscheint am linken Schluchtrand die erste Abseilstelle, die zweite ca. 35 Meter weiter. Die Länge der Rinne beträgt ca. 60 Meter, ungefähr 50 Grad steil, danach öffnet sich der Trichter, der Hang wird breiter und flacher, ca. 35 Grad. Hier können die Skier angeschnallt werden und es geht ca. weitere 400 Meter konsequent geradelinieg durch die Schlucht hinunter. Ein Sturz auf hartem Untergrund wäre fatal, eine ungebremste Schussfahrt durch den Kanal. Daher sollten sich nur sichere Skifahrer auf dieses Abenteuer einlassen …

Abfahrt ins Wildental (Topo)

Am Ende der Elferrinne geht es nach rechts über einen breiten Hang ca. 300 Meter mäßig steil hinunter, Lawinenkegel mit harten Brocken können hier anstrengend sein. Es folgt unübersichtliches Gelände mit Schluchten und Latschenhängen. Diese werden am besten ganz links oder rechts über freie Flanken bzw. Botanik bis zum Talgrund überwunden. Von hier unweit hinauf zur Aufstiegsspur.

Die günstigste Abfahrtsstrecke kann bereits morgens beim Aufstieg ausgecheckt werden. Gesamtstrecke ca. 1200 Meter Abfahrt. Der Genuss hängt ganz von der Schneequalität ab, es sollte jedoch nur bei sicheren Lawinenbedingungen abgefahren werden. Beste Zeit: Januar – März, damit nach unten hinaus noch genügend Schnee liegt.

 

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3 Gedanken zu „Die Elferrinne im Wildental in den Allgäuer Alpen“

  1. Die Bohrhaken am Beginn und nach ca 25m haben wir im Januar 2022 gesehen, jeweils mit Karabiner, der unterste ist uns nicht aufgefallen, haben ohne Seil aber auch nicht danach gesucht.

    Antworten
  2. Hallo, wir waren letztes Wochenende in der Elferrinne.
    Gleich zu Beginn der Rinne ist auf der linken Seite inzwischen ein Bohrhaken. Den mittleren Bohrhaken, also nach ca 25 m auf der linken Seite, hat jemand entfernt.
    Aktuell ist die Rinne machbar, aber vor allem im oberen Teil muss man teils über Felsen abklettern, was ohne Seil nicht ganz unkritisch ist.
    Der letzte Hang, also der “unübersichtliche” mit den vielen Rinnen und Gestrüpp muss inzwischen von oben gesehen ganz links gefahren werden. Der Rest des Hanges ist Wildschutzgebiet.
    Alles in allem eine sehr schöne, apine Tour.

    Antworten
    • Hi Alex,

      Danke für die Info mit den Haken. Heißt das, dass man jetzt 2x 60m Seil braucht um den oberen Teil abzuseilen? Soweit ich das Topo verstanden habe, konnte man davor zum mittleren Abseilstand und dann mit einem 60m Seil doppelt die letzten 30 Meter zum 2. Stand.

      Danke
      Lukas

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