Die Sellatürme sind sicher das beliebteste Klettermekka in den Dolomiten. Der kurze Zustieg, moderate Routen und die wilde Umgebung an den steilen Felsobelisken tragen dazu bei. Bereits der berühmte Luis Trenker war hier zugange und hat seine Spuren mit Erstbegehungen hinterlassen. Seitdem gibt es zahlreiche vielbegangene Felsklassiker, in jüngerer Zeit aber auch moderne Bohrhakenrouten bis in die höheren Schwierigkeitsgrade hinein.
Der vielleicht berühmteste und zugleich meistbegangene Tour ist hier die „Steger-Kante“ auf den 1. Sellaturm. Bereits vor 100 Jahren fanden die Erstbegeher Steger & Holzer einen gangbaren Weg, der sich in geschickter Linienführung durch die Westkante des Bergs schlängelt. Dabei handelt es sich oft um seichte Rinnen, Wandstufen, Risse oder Verschneidungen, die im oberen Teil durch einen langen Rechts-Quergang miteinander verbunden sind.
Die zahlreichen Begehungen hinterließen einiges an Speck und insbesondere die Schlüssel-Passagen im einstigen 4. Grad sind mittlerweile so glatt, dass sie heutzutage irgendwo zwischen 5 und 6 anzusiedeln sind. An den entscheidenden Stellen stecken jedoch genügend Haken, sodass sich das Ganze bei Überforderung auch A-Null bewältigen lässt. Dabei ist die Kletterei oft sehr exponiert, man hat viel Luft unter den Sohlen, so wie es bei den Dolomiten-Touren üblich ist.
In die Steger-Kante sollte man antizyklisch einsteigen, das heißt früh morgens oder erst ab Mittag. Der Stau ist regelmäßig vorprogrammiert, was vor allem an den Bergführer-Gruppen liegt. Es handelt sich ohnehin um eine Halbtagestour, die auch bei unsicherem Wetter gemacht werden kann. Im Ernstfall kann wieder über die Kante abgeseilt werden. Wer es jedoch bis oben hin schafft, darf sich auf einen luftigen Fußabstieg einstellen. Kaum zu glauben, dass es durch diese steilen Wände gangbare Pfade gibt …
Auch wenn es sich um eine für Dolomiten-Verhältnisse einfache Tour handelt, ist sie an Eleganz kaum zu überbieten. Man begegnet auch immer wieder dem alten rostigen Hakenmaterial, vielleicht noch aus der Gründerzeit. Was hier zählt, ist das Ambiente mit Blicken auf die steilen Wände des Langkofels, Ciavazzes und der Pordoispitze. Fazit: Kletter-Tourismus hin oder her, auch die Steger-Kante muss man irgendwann mal gemacht haben …
Schwierigkeit
Gemäß Dolomiten-Bewertung überwiegend 3 bis 4, maximal 4+ (4 obligatorisch). Realistisch betrachtet sind die schweren Passagen aufgrund der Politur mittlerweile im 5. bis 6. Grad angesiedelt.
Absicherung
Die Route ist an den schweren Stellen gut mit Klebehaken abgesichert. Dazwischen befinden sich immer wieder alte geschlagene Normalhaken unterschiedlicher Qualität. Friends und Schlingen können dazu gelegt werden.
Ausrüstung
50-Meter-Doppelseil, 8 Exen, Schlingen, eine kleine Auswahl an Friends
Ausgangspunkt
Sellajoch (2218 m) am Sellapass
Zustieg
Von der Passhöhe über diverse Wanderwege auf die Südwestseite des 1. Sellaturms. Ein felsiger Vorbau, die sogenannte „Lokomotive“, wird rechts umgangen. Dahinter befindet sich eine seichte Schlucht, wo sich der Einstieg befindet. Ca. 30 Minuten.
Abstieg
Über einen ausgetretenen, teils exponierten Pfad entlang des Normalwegs. Ca. 30 Minuten.
Übernachtung
Rifugio Carlo Valentini auf dem Sellajoch www.rifugiocarlovalentini.com
Topos
www.kletterfuehrer.net
www.panico.de
www.panico.de
Webinfo
www.alpenvereinaktiv.com
www.dolosa.de
www.hikr.org
dav-ssvulm1846.de
www.youtube.com
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