Klettern am Brévent

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Das ist schon immer ein krasser Gegensatz: da klettert man eine Wand hinauf und wird anschließend auf der Bahnterrasse vom Touristenstrom empfangen. Bei der Pordoispitze (Mariakante) sind es die kreischenden Kinder italienischer Eltern, auf der Aiguille di Midi (Rebuffat) die kopfwehgeplagten Japaner und am Brévent scheinen sich die Familien der Scheichs aus dem Persischen Golf besonders wohl zu fühlen.

Auf der gegenüberliegenden Mont-Blanc-Seite befinden sich die Aiguilles Rouges, ein beliebtes Revier für Wanderer, die hier auf vielen Panoramawegen das Mont-Blanc-Massiv bestaunen können. Wer früh genug mit der Bahn hochfährt, kann bereits mit einem mittelmäßigen Fernglas die Ameisenstraße auf den höchsten Gipfel der Alpen betrachten.

Für uns Kletterer sind die Aiguilles Rouges ein beliebtes Ausweichziel bei unsicherem Wetter oder Ruhetagsprogramm nach einer ausgedehnten Mont-Blanc-Tour. Die Seilbahn katapultiert einen binnen wenigen Minuten auf eine Höhe von 2500 Metern und auf bequemen Wegen erreicht man die Einstiege zahlloser, gut eingerichteter Mehrseillängen-Routen in den mittleren Schwierigkeitsgraden. Gleich in Gipfelnähe befindet sich dazu ein Klettergarten mit über 50 Routen.

Für die längeren Touren ist der Brévent, zumindest was den Zustieg betrifft, eine besonders leichte Beute: von der Bergstation geht es die Skipiste hinab, nach rechts die Südwand querend, und schon nach 20 Minuten blinken einem die ersten Bohrhaken entgegen. Für uns ging es noch ein Stück weiter bergab, bis wir am Einstieg der „La fin de Babylone“ waren, der Empfehlung einer Seilschaft, die wir am Grand Perron trafen.

Und wir wurden nicht enttäuscht: die Route entpuppte sich als absolutes Freikletter-Highlight in bombenfestem Granit. Zwischen den Haken erwarteten uns längere Runouts im 7. Grad, die in den plattigen Passagen mobil kaum zu entschärfen waren. In Wandmitte ein toller Quergang unter einem Dach und nach obenhin wieder steile Wandkletterei gespickt mit Überhängen, alles gleichbleibend anspruchsvoll.

In Gipfelnähe winkten uns bereits die ersten Touris aus der Bahn zu, noch eine Zwischensicherung an den Eisenpfosten gelegt, und anschließend hinauf zur Plattform zum Fotoshooting mit Mont-Blanc-Motiv im Hintergrund. Irgendwie genießt man nach so einer Tour den Kontrast dann doch wieder, in der Zivilisation zu sein …

Routenauswahl

La fin de Babylone (6c bzw. 6b obligatorisch). Absicherung mit etwas weiteren Bohrhakenabständen. Mittelgroße Friends sind zur gelegentlichen Beruhigung empfehlenswert. Insgesamt sehr kompakter Granit mit Leisten, Kanten und Rissen. Eine gute Vorstiegsmoral ist von Vorteil.

topo-la-fin-de-babylone

Poème à Lou (6a+ und A0). Häufig begangen, anspruchsvolle Bohrhakenabstände, A0-Passage am Fixseil, 5 Seillängen

Voie Frison-Roche (6a bzw. 5c obligatorisch). Der Klassiker in den Aiguilles Rouges, stark frequentiert, gut gesichert, 5 Seillängen

Ex libris (6b) Eindrucksvolle Verschneidungslinie, die komplett selbst abgesichert werden muss, Stände gebohrt, 5 Seillängen

Absicherung

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass hier nichts übersichert ist. Vor allem auf plattigen Passagen ist Klettern zwischen den Haken angesagt, und es lässt sich mobil nicht immer etwas dazulegen. Risse und Verschneidungen sind dagegen oft selbst abzusichern, so wie es in der Gegend von Chamonix üblich ist.

Material

12 Exen, Friends für die entsprechenden Riss- bzw. Verschneidungslinien. Wenn man sich seiner Sache sicher ist, bzw. nicht wieder abgeseilt werden muß, kann auch mit einem Einfachseil geklettert werden.

Zustieg

Von der Bergstation Richtung Osten die Skipiste bzw. den Schotterweg hinunter. Nach ca. 15 Minuten geht es bei einer Linkskurve und ein paar Blöcken auf einem schwach ausgeprägten Pfad nach rechts über Schrofen steil zur Südwand hinunter. Die ersten Einstiege werden auf der rechten Seite bereits sichtbar. Für die Route „La fin de Babylone“ noch ca. 100 m weiter absteigen und anschließend über ein Fixseil nach rechts zu einem großen grasigen Band queren und auf diesem aufsteigen. Einstieg links einer markanten Verschneidung.

Bahn

Mit der großen Gondel auf der nördlichen Chamonix-Seite auf den Brévent

Talort

Chamonix (1000 m)

Topos

The Auiguilles Rouges 1, Opposite Mont Blanc, englischsprachig, von Michel Piola. Das Komplettprogramm der westlichen Aiguilles Rouges mit einem üppigen Routenangebot.

Übernachtung

Viele Campingplätze und Pensionen, im August oft überfüllt. Wir haben den Campingplatz „Pierre Semard“ bei Argentière entdeckt: ruhiges Ambiente und viel Platz für Chamonix-Verhältnisse

 

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