Klettern am Brüggler

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Schon vor 30 Jahren stellte mich mein damaliger Kletterpartner zur Rede: Was, du kennst den Brüggler nicht? So eine Bildungslücke! Es dauerte nicht lange bis ich vom Allgäu in die Schweiz ins Schwändital fuhr, und war auf Anhieb begeistert. Die berühmte Plattenflucht im Glarner Land bot so viele und schöne Kletterrouten, dass ich in späteren Jahren immer wieder dorthin zurückkehrte. Die landschaftlichen Eindrücke spielten dabei sicher auch eine Rolle: sanfte Almiesen mit Kuhglocken-Geläute, ein idyllischer Übernachtungsplatz am Ausgangspunkt mit Brunnen samt sanitären Einrichtungen.

Manch einer kennt ihn vielleicht noch, den kleinen Mann aus füheren Zeiten: Jeden Samstag- und Sonntagmorgen erschien der pflichtbewusste Ordnungshüter, kassierte die Übernachtungsgebühr und gab strenge Anleitung, wo die Zelte aufgestellt werden mussten. Alles fast schon nach Beamten-Manier, grinsend folgten wir den Anweisungen und waren wie immer glücklich am Brüggler klettern zu dürfen …

Nach vielen Nacherschließungen bzw. Sanierungen zählt der Brüggler mittlerweile zu den besten Klettergebieten in der Ost-Schweiz und weit darüber hinaus. Seine ca. 200 m hohe und 300 m breite Südwand bietet heutzutage zahlreiche Routen in den unteren bis mittleren Schwierigkeitsgraden bis zum 7. Grad. Die leicht geneigte Plattenwand wird von zahlreichen Wasserrillen, Erosionslöchern und Sanduhren durchzogen. Trotz vieler Begehungen ist der kompakte Schrattenkalk in der silbergrauen Südwand oft noch griffig und rau. Gelegentliche Graspolster stören kaum bzw. dienen als Standplatz.

Die Rahmenbedingungen sind einladend: der bequeme Zu- und Abstieg, beschriftete Einstiege, die überwiegend gute Absicherung mit Bohrhaken und perfekt eingerichtete Stände machen den Brüggler zum Inbegriff des Plaisirkletterns. Selten ausgesetzte Wandkletterei in semi-alpinem Ambiente sorgt für entspannte Mehrseillängen-Routen mit großer Beliebtheit.

Dementspechend ist an schönen Wochenendtagen in der begehrten Wand vor allem in den Moderouten mit erhöhtem Besucher-Andrang zu rechnen. Doch alles kein Problem: wegen der üppigen Routendichte kann immer wieder auf gleichwertige Ersatz-Ziele ausgewichen werden. Schwerer sind die Routen, welche die steile Wandflucht unter dem Gipfel durchziehen. Im rechten Wandbereich hingegen gibt es einige einfache Anstiege im 3. bis 4. Grad.

Der 1777 m hohe Gipfel bietet eine schöne Aussicht auf die mächtigen Glarner Alpen, die im Frühjahr oder Herbst mit Schnee überzogen besonders reizvoll sind. Aufgrund der relativ geringen Höhe kann an der sonnigen Kalkplatte fast das ganze Jahr über geklettert werden. Im Hochsommer dürfte es hier allerdings ziemlich heiß werden …

Routenangebot

Ca. 30 Kletterouten im 3. bis 7. Schwierigkeitsgrad. Im rechten Wandbandbereich gibt es auch einen Klettergarten mit Routen in den oberen Schwierigkeitsgraden.

Absicherung

Sämltiche Routen sind an den exponierten Stellen gut mit Bohrhaken ausgestattet. In den Plattenpassagen bzw. Wasserrillen ist aber auch mit zwingenden Kletterpflichten bzw. kleineren Runouts zu rechnen. In den Erosionslöchern kann gelegentlich auch mit Keilen bzw. Friends in allen Größen dazugesichert werden. Die Stände sind oft mit Ketten ausgestattet.

Ausrüstung

60-Meter-Einfach- oder Doppelseil, 12 Exen, Keile und Friends sowie Schlingen für diverse Sanduhren.

Ausgangspunkt

Von der Autobahn Chur – Zürich bei Weesen Abzweigung Richtung Klausenpass. Bei Näfels rechts ab ins Schwändital bis Matt auf 1235 m Höhe.

Zustieg

Vom Parkplatz zu Fuß dem Schotterweg bis nach Sattboden (1447 m) folgen. Von hier nach rechts über einem Pfad zu einem Kletterhüttli und weiter entlang des Walds zum Wandfuß aufsteigen. Vom Parkplatz ca. 1 Stunde. Es lohnt sich auch das Bike mitzunehmen.

Abstieg

Die meisten Routen enden auf dem langgezogenen Grat. Hier nach links zum Gipfel und über einen ausgetretenen Pfad zurück zum Ausgangspunkt. Ca. 20 Minuten. Das Abseilen über die Routen ist wegen Steinschlaggefahr und nachfolgender Seilschaften nicht zu empfehlen.

Übernachtung

Am Parkplatz befindet sich eine kleine Unterkunft mit sanitären Einrichtungen. Auf einer Wiese kann gezeltet bzw. biwakiert werden. Die Park- und Übernachtungsgebühren von ca. 15 Franken können in eine Kasse gelegt werden.

Topos

Kletterführer Schweiz Plaisir Ost www.filidor.ch

Kletterführer Best of Genuss, Band 3 www.panico.de

Webinfo

www.topodb.ch

Bildgallerie

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