Klettern am Piccolo Dain

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Wenn wir in Sarche in der besten Eisdiele im oberen Sarcatal auf den Bänken sitzen, richtet sich unser Blick hinauf zur steil abfallenden, teilweise überhängenden Wand des Piccolo Dain. Schon vor 20 Jahren kletterte ich mit meinem damaligen Kollegen Richard Stängl durch die „Senza chiedere il permesso“. Diesesmal sollte es ein Revival werden und wir testeten die Tour nochmal an.

Der Zustieg vom Wanderweg führt zuerst durch einen Dschungel und über Fixseile gelangt man dann zu den ersten Felsaufschwüngen. Alles ziemlich schlecht gesichert, 5er Gelände, alte Schlingen an Bäumchen, wir hofften auf dem richtigen Weg zu sein. Doch dann, endlich der erste Normalhaken, noch eine Seillänge und wir standen am Beginn der eigentlichen Schwierigkeiten.

Ein Basejumper brachte gleich das richtige Feeling in die Tour. Mit seinem Wingsuit stürzte er sich auf die Dächer von Sarche hinab, schrie sich den Kick aus dem Leib und zog im letzten Augenblick gerade noch rechtzeitig die Leine …

Die ersten beiden Seillängen führten entlang eines Rißsystems, hin und wieder Normalhaken, im Führer mit 6, A1 angegeben. An Freiklettern war da nicht zu denken, ein Sturz wäre zu riskant. Unter dem ersten großen Dach machte ich Stand und holte Marion nach. „Bist du verrückt, die beiden angerosteten 8-mm-Bohrhaken halten doch nie!“ Ok, dann seilen wir eben wieder ab. Marion war dies allerdings zu suspekt und kletterte lieber weiter, um ein paar sichere Zwischensicherungen unters Dach zu legen. Dazwischen wieder modrige Schlingen und so mogelte sie sich über die Dachkante im Schwierigkeitsgrad 6+ A1 empor.

Der erste Schock war überwunden, doch gleich folgten zwei weitere schwierige Längen, alles ziemlich makaber was die Absicherung für heutige Verhältnisse betrifft. Während ich Marion weiter sicherte, bemerkte ich, dass wir uns verstiegen hatten (die Erinnerung: da stimmt doch etwas nicht) und in der „Direttissima Loss“ gelandet sind. Wegen dem diagonalen Routenverlauf erschien uns ein Rückzug zu kompliziert und wir kletterten ohne passendes Topo weiter. Freikletterei an Normalhaken leitete uns in eine lange Verschneidung, der einzigen logischen Linie nach oben. Im Nachstieg rutschten mir die Zwischensicherungen am Seil entgegen, die Friends wollten im glatten Fels einfach nicht halten.

Dann das Finale, die letzte pikante Seillänge über ein Dach fiel an mich. Um mit den Zwischensicherungen zu sparen, sammelte ich sie gleich wieder ein: ich hielt mich an einem Friend fest, um den darunterliegenden wieder zu entfernen. Im gleichen Moment rutsche mein Haltepunkt aus dem Riss und ich segelte 6 Meter am Stand vorbei. Bei der Steilheit alles kein Problem, jetzt erst recht, dachte ich mir. Die Überwindung der Dachkante bei mehreren hundert Metern Luft unter den Sohlen war nochmal der Hammer, ich hoffte, dass mir das Material nicht ausgeht. Mein Hüftgurt war schließlich entleert, ich erreichte endlich ein Band, machte Stand an einem dicken Baum und schrie mir die Erleichterung von der Seele …

Die restlichen zwei Seillängen dienten der Entspannung, bald landeteten wir auf einem Sockel und blickten ziemlich geschafft hinab auf die bereits im Schatten liegenden Dächer von Sarche. Der steile Abstieg war da reine Nebensache … Erlebnisse, die man nie vergisst: auf der Heimfahrt durchs Sarcatal, vorbei am Piccolo Dain, werde ich mich wohl immer an diesen Tag erinnern …

Die Routen

Beide Routen sind etwa gleich anspruchsvoll, laut Führer 6+ A1. „Senza chiedere il permesso“ beinhaltet in der Mitte mehr Hakenhangelei, wie ich es aus der Ferne und Erinnerung beobachtete. „Direttissima Loss“ bietet dagegen mehr Freikletterei, ist stärker frequentiert und deshalb vorzuziehen.

Absicherung

Stände meist an Bohrhaken unterschiedlicher Qualität. Dazwischen immer wieder zweifelhafte Normalhaken und viel Eigeninitiative.

Material

14 Exen, jeweils ein Satz Keile und Friends, Schlingen

Zustiege

Vom Parkplatz Richtung Klettersteig. Sobald man in den Wald gelangt links ab über einen steilen Pfad hinauf zu einem Felsvorbau. Hier wieder nach links über einen Weg mit Drahtseilen entlang des Wandfußes. Bei einem Steinmann rechts ab durch Geröll und Botanik zu einem Drahtseil, das zur „Senza chiedere il permesso“ leitet. Für die Route „Direttissima Loss“ auf dem Wanderweg ca. 100 m weitergehen und bei einem weiteren Steinmann weglos rechts ab zum Einstieg. Vom Parkplatz ca. 45 min.

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Abstieg

Vom Sockel am Ende der Routen zuerst ca. 50 m horizontal den Hang queren. Anschließend über einen exponierten schwach ausgeprägten Pfad teilweise an Fixseilen über Schrofen und Botanik absteigen. Nach ca. 30 Minuten trifft man auf den Zustiegsweg, auf diesem zurück nach Sarche. Vom Sockel ca. 1 Stunde ins Tal.

Talort

Sarche im oberen Sarcatal. Parkplatz bei einer Fabrikhalle unter der Wand oder im Ort.

Topos

Kletterführer „Hohe Wände bei Arco“ von Diego Filippi. Verlag Edizioni Versante Sud. Deutschsprachig, die Pflichtlektüre für einen Arco-Aufenthalt. In diesem Führer sind über 500 Routen beschrieben.

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