Man muss schon Glück haben, wenn man am Restaurant „Sustenbrüggli“ im Hochsommer noch einen Parkplatz ergattern möchte. Denn der wird von unzähligen Kleinbussen bzw. PKW’s zugeparkt und man fragt sich, wo sich all die Besitzer herumtreiben. Das ganze Ausmaß erklärt sich dann wenige Gehminuten später taleinwärts: da tummeln sich jede Menge Felsakrobaten an diversen Felsblöcken, die mit zahllosen Crashpads zugepflastert sind. Der Sustenpass scheint in dieser Ecke ein Mekka für Boulderer zu sein. Wenige Tage später haben wir den gleichen Zustand am Gotthardpass erlebt. Nach all den Jahren Kletterurlaub, eine ganz neue Erfahrung …
Wie dem auch sei, jedenfalls kommt man aus dem Beobachten und Staunen nicht mehr heraus und es dauert eine Weile bis man trotz des kurzen Zustiegs weiter taleinwärts am Fuß einer breitgezogenen Granitflucht steht. Es ist eine beeindruckende Gegend hier, zwischen den Granitwänden rauschen mächtige Sturzbäche von den höheren Lagen bis zum Sustenpass hinab. Für Kletterer wirkt dieses idyllische Kleinod fast schon paradiesisch: leicht geneigte Plattenfluchten bieten zahllose Ein- bis Mehrseillängen-Routen, meist in den unteren bis mittleren Schwierigkeitsgraden. Und wen es in höhere Gefilde lockt, dem sei die etwas weiter oben gelegene „Sustli-Hütte“ empfohlen, wo es noch weitere Kletterziele gibt …
Um am Talende die etwa 180 Meter hohe Granitwand ganz zu durchklettern, stiegen wir in die „Super-Sustli“ ein. Nach der ersten steilen Seillänge legte sich der Fels zurück und ging in genüssliche Reibungskletterei über. Im oberen Teil folgten wieder steilere Aufschwünge mit kleingriffigen Rillen und winzigen Strukturen im Granit. Die Wand wurde gegen Ende schließlich wieder flacher und endete mit geneigten Platten auf einem großflächigem Band. Der kompakte, grobkörnige Fels ist durchwegs rau und wirkt auch nach vielen Begehungen immer noch jungfräulich zu sein.
Im Anschluss der “Super-Sustli” kann noch in eine der zahlreichen Sportkletter-Routen eingestiegen werden. Insgesamt sind es an die 60 Baseclimbs mit mehreren Seillängen übereinander. Darunter gibt es auch viele leichtere Linien in den unteren Graden im 3. und 4. Schwierigkeitsgrad. Somit eignet sich das Gebiet auch für weniger Geübte, um sich an’s Mehrseillängen-Klettern ranzutasten. Die Felsen sind südseitig ausgerichtet und versprechen den ganze Tag Sonne. Und wenn es im Hochsommer mal richtig heiß ist, kann danach ein Bad an einem der benachbarten Wasserfälle genommen werden.
Schwierigkeit im „Super-Sustli“
Überwiegend 5a bis 5c, 2 Seillängen 6a (6a obligatorisch)
Absicherung
Die Route ist ausreichend bis gut mit Bohrhaken eingerichtet. Im leichteren Gelände ist mit kleineren Runouts zu rechnen.
Ausrüstung
50-Meter-Doppelseil, 10 Exen, Abseilausrüstung
Ausgangspunkt
Restaurant „Sustenbrüggli“, wenige Kilometer östlich der Sustenpass-Höhe.
Zustieg
Vom Restaurant über den Wanderweg Richtung Sustli-Hütte taleinwärts. Nach ca. 15 Minuten verlässt man den Pfad weglos nach links, überquert einen Bach und geht weiter linkshaltend zum Einstieg bei einer Verschneidung. Vom Parkplatz ca. 30 Minuten.
Abstieg
Abseilen über die Route
Stützpunkt
Für weitere Kletterrouten bietet sich eine Übernachtung in der Sustli-Hütte an. www.sustlihuette.ch
Topos
Kletterführer Schweiz Plaisr, Band 1 www.filidor.ch
Webinfo
www.felsklettern.ch
www.filidor.ch
www.hikr.org
www.bergwelten.com
Bildgallerie