Wer über den Fernpass fährt, kann sich dem Blick zu den steilen Südabstürzen des Zugspitzmassivs bzw. der Ehrwalder Sonnenspitze kaum entziehen. Die beeindruckenden, bis zu 800 hohen Wände, können mit den Dolomiten locker mithalten, alpine Longlines, hier ist man den ganzen Tag unterwegs. Doch da gibt es mittlerweile auch eine Reihe talnaher Gebiete, die für uns Kletterer interessant sind. In der Gegend um Ehrwald sind in den letzten Jahren viele moderne Mehrseillängen-Routen entstanden, bei denen es zumindest zeitlich betrachtet, etwas gemütlicher zugeht.
Überhalb der benachbarten Ortschaft Biberwier haben eine Handvoll Allgäuer Erstbegeher vor nicht allzu langer Zeit die westlichen Ausläufer des Wamperten Schrofen für‘s Klettern entdeckt, die sie „Silberwand“ tauften. Und dies nicht ohne Grund: Vor über 500 Jahren wurden hier Silber, Zinkerz, Galmei und Blei gewonnen; ein Montan-Wanderweg, der zur Biberwierer Scharte hinaufführt, erinnert mit Infotafeln an den Bergbau. Eine geschichtsträchtige Gegend ist das hier. Im 2. Weltkrieg tobte über dem Ehrwalder Becken ein Luftkrieg, bei dem an der Nordseite des Wamperten Schrofens der Amerikanische Bomber B 24 Liberator zerschellte, deren Opfer ich eine Route widmete. Heute liegen immer noch die Wrackteile auf dem Geröllfeld zerstreut umher …
Was das Klettern betrifft, befindet man sich hier in einem Kleinod mit ca. 10 Touren und einer Wandhöhe bis zu 200 m. Auch an den schönsten Sommer-Wochenend-Tagen ist man dort meisteins alleine unterwegs. Man hat das Gefühl, dass sich das Klettervolk mittlerweile in die Sportklettergebiete zurückzieht, oder liegt es etwa am 1,5-stündigen Aufstieg? An der Felsqualität kann es jedenfalls nicht liegen. Die Silberwand ist den Westwinden frontal ausgeliefert und dadurch stark abgewittert bzw. entsprechend rauh. Die Kletterei bewegt sich über kompakte Plattenzonen, gespickt mit zahlreichen Löchern und Leisten, wie man es in der Gegend sonst selten antrifft. Gerade dies verleiht der Wand ihren besonderen Reiz und gehört für mich zu den lohnendsten Gebieten im Raum Außerfern und darüber hinaus. Und das Beste: Ausschlafen. Die Silberwand bekommt erst ab dem frühen Nachmittag Sonne und es bleibt immer noch genügend Zeit zum Klettern übrig.
Absicherung
Sämtliche Routen sind gut mit Bohrhaken eingerichtet. Zur zusätzlichen Optimierung können mittelgroße Friends eingesetzt werden.
Material
14 Exen, Doppelseil, Abseilausrüstung , Helm, evtl. mittelgroße Friends
Schwierigkeiten
Ca. 5 Routen bewegen sich im 6. – 7. Schwierigkeitsgrad, bei allen anderen ist der untere 8. Grad angesagt. Mit Hakenhilfe reduzieren sich die Gesamtanforderungen auf 6+/7-.
Routen auf der Westseite
Im oberen Bereich der Westwand existieren ca. 5 Mehrseillängen-Routen bis zum 7. Schwierigkeitgrad, bis zu 8 Seillängen lang. Hervorzuheben sind: „7412, Langschläfer und Digital Planing“ mit phantastischer Lochkletterei über kompakten, plattigen Fels. Die Einstiege liegen dicht zusammen und wer früh genug dran ist, kann auch zwei dieser schönen Linien klettern. Etwas links davon, im Bereich eines Vorbaus beginnen die etwas schwereren Routen bis zum 8. Grad. Besonders zu empfehlen sind die „Silberschmiede“ und das „Resultat“
Route auf der Nordseite
Im Bereich eines Schuttkegels habe ich die Route „B 24 Liberator“ eingerichtet. Es handelt sich dabei um eine steile, abwechslungsreiche Wandkletterei bis zum 7. Grad, mit einer kurzen, etwas brüchigen, aber gut gesicherten Passage. Die Route ist besonders bei großer Hitze zu empfehlen, da die Sonne erst abends in die Wand scheint. Der Einstieg ist mit einem Wrackteil des abgestürzten Flugzeugs markiert.
Topos
www.climbers-paradise.com (siehe Tiroler Zugspitzarena)
Kletterführer Wetterstein Süd, Panico Verlag
Zustieg
Parkplatz beim Hotel „My Tirol“ überhalb von Biberwier (Zugspitzgebiet). Von hier ca. 1 km über den Forstweg zu Fuß oder mit dem Bike bis zu einer Wildfütterungsstelle (Bikedepot). Nun über den Wanderweg 814 weiter Richtung Biberwierer Scharte. Über der Waldgrenze gelangt man zu einer Infotafel über den Montan-Bergbau. Hier geht es rechts ab zum Wamperten Schrofen, zuerst an die Nordseite, anschließend über ein Geröllfeld hinauf zur Westseite zu den Einstiegen. Vom Parkplatz Biberwier ca. 1,5 Stunden.
Topo Zustieg
Abstieg
Abseilen über die Routen