Klettern auf Teneriffa

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Winterflucht 2017-18. Der Evi-Stefan wünschte mir per Whats-App einen Guten Rutsch und meinte, es gäbe im Allgäu den Powder des Jahrzehnts. Wenige Tage später: Dauerregen mit anschließendem Hochwasser-Alarm in Deutschland. Auf Teneriffa herrschen derweil hochsommerliche Verhältnisse, 25 Grad, Klettern im T-Shirt, Baden im Atlantik. Die Südseite der Insel wirkt wie abgebrannt und hat seit einem dreiviertel Jahr keinen Tropfen Regen mehr gesehen. Die Nordseite hingegen ist oft wolkenverhangen und tropisch grün, da sich die Pflanzen aus der hohen Luftfeuchtigkeit nähren. Die Pinienwälder in den höheren Lagen sind da wahre Überlebenskünstler: sie entziehen den Passatwolken die Feuchtigkeit, bewässern sich selbst und geben den Rest ans Grundwasser ab. Kaum zu glauben, in der Masca-Schlucht und im Anaga-Gebirge fließen hier sogar noch Bäche …

Von unserer Finca beobachteten wir aus sicherer Entfernung den ständigen Flugverkehr. Jährlich kommen 10 Millionen Besucher auf die Insel des ewigen Frühlings, 300 Sonnentage auf der Achse Delhi – Florida, unweit des Äquators. Unsere Kletterfreunde Susanne & Urs verliefen sich an einem Ruhetag in den Touristen-Zentren „Los Cristianos“ und „Playa de las Americas“. Tui lässt grüßen, einmal und nie wieder, wie sie meinten.  Das Ausmaß der Bettenburgen macht sich vor allem bei Dunkelheit bemerkbar, ein mehrere Quadratkilometer großes Lichtermeer zwischen den Stränden und den Ausläufern des Teide bis zum Anschlag. Und es wird fleißig weitergebaut, das Dasein der Inselbewohner ist vor allem finanziell gesichert …

Glücklicherweise bekommt man hier als Kletterer nach der Landung so gut wie nichts vom Massentourismus mit. Die meisten der ca. 25 Klettergebiete befinden sich auf der Insel-Südseite bei Arico. Über die Küstenautobahn sind sie schnell erreichbar und die Zustiege dazu meist kurz. Eingebettet in schmale Schluchten, den sogenannten „Barrancos“, ragen steile Wände aus rötlichem Vulkangestein heraus. Was die Einstiege betrifft, die ausgespülten Bachbette sind meist kinder- und familienfreundlich und es kann oft im Schatten geklettert werden. Die Kletterei ist allerdings sehr ungewohnt: da gibt es glatte Auswaschungen, runde Kanten, einige Sloper, Fingerlöcher, aber auch Risse und Verschneidungen. In den höher gelegenen Klettergebieten außerhalb der Schluchten sind die Felsstrukturen wegen der massiven Sonneneinstrahlung etwas rauer geprägt. Und auch die Boulderer finden auf Tenneriffa ihre Blöcke.

Nach unserem ersten Kletterspot bei Arico hielt sich die Euphorie zunächst in Grenzen. Überfüllte Parkplätze, Schlange-Stehen wie in der Kletterhalle, dazu kurze abgespeckte Routen. An den folgenden Tagen entdeckten wir schließlich Gebiete wie „El Rio, St. Ursula, Guia de Isora, Tamadaya usw.“ und gerieten langsam ins Schwärmen. Die Kletterei wurde immer besser, man muss sie nur finden bzw. wenigstens 6a sicher beherrschen. In den „Cañadas“ kletterten wir tolle Routen mitten in einer eindrucksvollen Mondlanschaft, wie noch nie zuvor erlebt. Die nahegelegenen „Roques de Garcia“ bieten einige schöne Mehrseillängen-Routen an markanten Türmen bis zu 150 Meter Höhe. Und schließlich der Teide, der höchste Berg Spaniens mit 3718 Metern Höhe, das absolute Pflichtprogramm eines Teneriffa-Aufenthalts.

Letztendlich fiel es uns sehr schwer, die Insel wieder zu verlassen. 2 Wochen sind zu kurz, um die besten Sehenswürdigkeiten und weitere Kletterspots zu besuchen. Die angenehme Wärme, die landschaftliche Vielfalt der verschiedenen Vegetations-Zonen, die Wanderung durch die legendäre Masca-Schlucht,  der Teide, meterhohe Brandungen an wilden Küsten-Abschnitten und eine angenehme Unterkunft hinterließen unvergessliche Eindrücke. In Puerto de la Cruz, dem  vegetationsreichen Badeort im Norden, liefen wir zufällig am Café „Goodbye Deutschland“ vorbei.  Wer in dieser schönen, wenn auch touristischen Gegend verweilt, kann dies gut nachvollziehen …

Schwierigkeit

Die meisten Routen sind oft unterbewertet und es kann bis zu einem Grad dazugerechnet werden. Der Schwierigkeitsgrad „V“ in den leichteren Routen ist beispielsweise mit 6 zu bewerten. Obwohl sich auf Teneriffa viele Kletterer von der Halle in den Fels „verirren“, ist hier mit nur wenig wirklich leichten Anstiegen zu rechnen. Da werden Anfänger-Routen im 5. Teneriffa-Grad bei sportlicher Absicherung für Kinder angepriesen (?). Es gibt hier erst seit jüngerer Zeit Gebiete mit einer brauchbaren Dichte an 5a bis 6a Routen. Die meisten Touren bewegen sich im Bereich 6a bis 7a. Dazu kommt die zunehmende „Abspeckung“ aufgrund der starken Frequenz bzw. des Modecharakters der Kletterinsel.

Absicherung

Obwohl die Absicherung in den Kletterführern als „gut bis sehr gut“ angepriesen wird, muss der erste Haken oft angeklettert werden und im weiteren Verlauf ist mit zwingenden Kletterpassagen zur rechnen. Immer wieder sieht man ausfahrbare Stöcke, um die erste Exe einzuhängen. In den neueren Gebieten, welche in den Kletterführern noch nicht enthalten sind, ist die Absicherung mittlerweile jedoch vorbildlich.

Arico

Eines der ersten und bekanntesten Klettergebiete auf der Insel. Oberhalb der Brücke (Sektor Arriba) gibt es viele kurze Routen. Weite Hakenabstände und abgespeckt. Weinige Anfängerrouten. Glatte Platten mit kleinen abgegriffenen Löchern. Unterhalb der Brücke (Sektor Abajo) lange und sehr schöne athletische Routen 6c aufwärts. Über die Schlucht kann eine Slack-Line gezogen werden.

El Rio

Am Ufer eines trockenen Stausees (Staumauer) gelegen. Im linken Wandbereich gibt es einige schöne 5a bis 6b Routen. Rechts davon schwierigere Routen 6c aufwärts. Eines der besten Gebiete auf der Insel. Tolle Routen. Besser gesichert als Arico. Noch wenig abgespeckt. Nachmittags-Sonne.

Cañadas

Imposante Türme inmitten einer Mondlandschaft am Fuße des Teide. Rießige Aushöhlungen in den Wänden. Eine mäßige 5er Tour, der Rest 6a bis 6c. Schön nach Westen hin exponiert, Nachmittagssonne. Fotogener Blick zum Teide. Im Sektor Rambo schöne 6b Routen. Das Ambiente überwiegt jedoch. In den Wintermonaten sind die Nordseiten auf über 2000 Meter Höhe sehr kalt.

La Martela

Zwischen Granadilla und Vilaflor, in einer tiefen, engen Schlucht gelegen. Ca. 30 Routen bis 30 Meter Länge. Viele 5a bis 6a Routen. Einige 6b Routen. Gut und logisch mit Bohrhaken abgesichert. Ein relativ neues Gebiet, noch nicht im Führer enthalten. Im Gegensatz zu Arico eher als Anfängergebiet geeignet, da gut gesichert. Meist im Schatten gelegen. Topos sind in den Kletterläden erhältlich.

Guia de Isora

Im Frühjahr wegen Vogelbrut gesperrt. Bei Sonne kann es dort sehr heiß werden. Großes Gebiet mit langen Routen. Schön und ruhig gelegen. Im linken Wandbereich etwas leichtere Routen im Berich 6a bis 6b. Im rechten Wandbereich meist nur schwere, aber schöne Routen. Für Kletterer in den oberen Graden ein sehr lohnendes Ziel.

El Hoyo

Die Beschreibung hört sich in den Kletterführeren vielversprechend an. Die Realität bietet jedoch glatte Wandkletterei, oft von Vögeln beschmutzt.

Tamadaya

Relativ neues Gebiet, welches noch nicht in den Führern enthalten ist. In einer engen Schlucht gelegen. Teilweise glatter Fels, plattig mit Rissen und Verschneidungen. Lange Routen. Oft von Kletterkursen besucht. Viel Kletterbetrieb. Einige schöne und gut abgesicherte Anfängertouren. Obwohl noch nicht veröffentlicht schon ziemlich abgespeckt. Relativ gut gesichert. Eines der lohnendsten Ziele auf der Insel. Topo im Kletterladen von Arico erhältlich.

Las Vegas

Eines der ältesten Gebiete auf Teneriffa. Sehr ruhig im Kakteenwald gelegen. Wenig Kletterbetrieb. Viele Risse und Verschneidungen zum Selbst-Absichern, aber auch einige gute Bohrhakenrouten. Eine kurze 4er Tour und eine sehr schöne 5er Tour. Rest überwiegend 6a bis 6c. Keile und Friends sind zur Optimierung anzuraten. Wer Ruhe sucht, ist hier richtig. Nachmittags im Schatten gelegen.

St. Ursula

Bei Puerto de la Cruz. Das beste Gebiet auf der Insel-Nordseite. Viel gerühmt, laut Führer die beste 6a-Route auf Teneriffa. Glatte, aber wunderbar griffige Fels-Strukturen. Schöne, steile Routen im Bereich 6b bis 6c. Am Steilufer unterhalb der Feiendomizile gelegen. Eindrucksvoller Blick auf die Meeresbrandung. Im Anschluss lohnt sich ein Besuch im Badeort Porto de la Cruz.

Roques de Garcia

Die Kathedrale gehört zum Pflichtprogramm für die Mehrseillängen-Fans auf Teneriffa. Sie ist der markanteste Felsturm der „Roques de Garcia“. Vom Aussichtspunkt zur bereits gut sichtbaren Kathedrale absteigen. diese ist in wenigen Minuten unschwierig erreichbar. Rund um das Massiv gibt es mehrere Routen. Der Normalweg ist relaiv einfach und mit schönen Klettermetern sehr lohnend. Stände und gelegentliche Zwischenhaken sind gebohrt. Schöne Kletterei entlang natürlicher Linien. Es sind mehrere Varianten möglich. Wandhöhe bis zu 150 Meter. Dazu gibt es an den umliegenden Türmen weitere Routen mit unterschiedlicher Absicherung. Material: Doppelseil, je nach Route bis zu 10 Exen, Schlingen, mittelgroße Friends, Abseilausrüstung. Die Topos sind in den gängigen Führern nicht enthalten. Wer fleißig googelt, wird fündig.

Volcano Teide

Die Besteigung des Vulkans Teide (3718 m, höchster Berg Spaniens) gehört zum absoluten Pflichtprogramm auf Teneriffa. Die Wanderung durch die eindrucksvolle Lava-Landschaft ist ein absolutes Highlight. Auf dem Gipfel riecht es nach Schwefel, aus den Fels-Spalten entweicht heißer Schwefel-Dampf. Der Aufstieg entlang von angelegten Pfaden ist einfach. Generell braucht man eine kostenlose Genehmigung, die jedoch meist ausgebucht ist. Siehe www.reservasparquesnacionales.es

Über eine geführte Tour mit Seilbahnbenützung erhält man für ca. 50 € automatisch die Genehmigung. Siehe www.volcanoteide.com Auf dem Gipfel kann man sich anschließend von der Gruppe lösen und entlang des Abstiegs über eine 14 km lange Strecke zurück zum Ausgangspunkt wandern. Diese Variante sollte man sich aufgrund der landschaftlichen Eindrücke nicht entgehen lassen.

Die wahren Alpinisten werden es bevorzugen, den gesamten Auf- und Abstieg (insgesamt ca. 28 km) zu Fuß zu bewältigen. Auf 3260 m Höhe bietet sich die Alta-Vista-Hütte zur Übernachtung an. Siehe www.volcanoteide.com Die Genehmigung für den Gipfelanstieg kann umgangen werden, falls man den Check-Point an der Bergstation der Seilbahn vor 9 Uhr morgens passiert. Auf dem Rückweg sind keine Kontrollen zu erwarten. Die Königsvariante ist mit Sicherheit der Sonnenaufgang auf dem Gipfel. Der frühe Aufbruch wird mit dem weit auslandenden Schatten der Pyramide des Teide auf dem Atlantik belohnt …

Die Masca-Schlucht

Ein weiteres Pflichtprogramm auf Teneriffa für einen Ruhetag. Eindrucksvolle Schlucht-Wanderung hinab zum Meer mit schönem Badestrand. Steile Vulkan-Wände, viele Palmen und fließende Bäche. Zu Beginn lohnende Souvenirläden. Wegen schnell überfüllten Parkplätzen empfiehlt sich ein früher Aufbruch. Abstieg 1,5 Stunden, Rückweg 2 Stunden. Es kann auch mit einem regelmäßig verkehrenden Boot-Shuttle zurück zum Touristenort „Los Gigantes“ gefahren werden. Von dort mit dem Taxi zurück zum Ausgangspunkt.

Unterkunft

Auf Teneriffa gibt es zahlreiche Fincas und Ferienwohungen zu mieten. Wir haben über  www.tenerifelodge.com die „La Vista Lodge“ gebucht. Die Unterkunft liegt zwischen Granadilla und Arico in ruhigem Ambiente und ist sehr gepflegt. In der Anlage befinden sich insgesamt 5 Ferienwohungen jeweils für mehrere Personen. Der Vermieter ist deutschstämmig und bietet viele nützliche Informationen rund um die Insel. Da sich die meisten Klettergebiete auf der Insel-Südseite befinden, ist es ratsam eine Unterkunft in der Nähe von Arico zu buchen.

Kletterführer

Der Kletterführer „Tanz auf dem Vulkan“ beschreibt die besten Klettergebiete und bietet viele weitere Informationen rund um die Insel. Sehr gutes Buch. Erhältlich bei www.geoquest-verlag.de

Eine gute Ergänzung bietet der Kletterführer „Tenerife Escalda deportiva“. Erhältlich bei www.kletterfuehrer.net

Updates der Klettergebiete sind unter www.roxtar.es zu finden.

Die Topos der neuesten Klettergebiete sind auch in den Kletterläden, z. B. in Arico erhältich.

Beste Reisezeit

Herbst, Winter, Fühjahr. Im Sommer ist es sicherlich zu heiß zum Klettern.

Verpflegung

Die Lebensmittel in den Supermärkten sind vergleichsweise billig. Es empfiehlt sich auch in den traditionellen Restaurants zu essen, da schmackhaft und preisgünstig (ca. 10 Euro). Touristen-Restaurants sind wegen der Massenabfertigung zu meiden.

Diebstahl

Es wird auf der Insel sehr viel gestohlen. Parkende Autos in den Klettergebieten sind das begehrte Ziel der Diebe. Deshalb nichts im Auto zurücklassen. Nur das nötigste Bargeld mitnehmen. Achtung vor Ablenkungsmanöver, die bereits am Flughafen beginnen!

Anreise

Mit dem Flugzeug nach Teneriffa-Süd. Preisgünstige Flüge zwischen den Ferienzeiten bieten sich von Memmingen mit Ryan-Air an. Die Buchung eines Mietwagens ist obligatorisch, um in die verschiedenen Unterkünfte bzw. Klettergebiete zu gelangen.

Zum Schluss noch ein Rätsel

Klicke dich bis zum letzten Motiv in der Bildgallerie durch (Flugaufnahme). Wie heißt der Berg in der linken mittleren Bildhälfte und sende das Lösungswort an patann@freenet.de. Wer richtig liegt, bekommt einen Tannheimer Kletterführer gratis zugesendet. Viel Glück beim Raten!

 

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