Klettern bei Betzenstein

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Der 1. Mai 2023 fiel auf einen Montag, somit wurde uns ein verlängertes Wochenende beschert. Doch – wie konnte es anders sein – in den Alpen herrschte wieder mal Schmuddelwetter. Die DAV-Wetterkarte verriet in den Mittelgebirgen einigermaßen brauchbare Bedingungen, somit entschieden wir uns diesesmal für’s Frankenjura. Und zwar nach Betzenstein, weil es dort laut Führer eine geballte Anzahl moderater Kletterrouten gab.

Zu meiner Schande muss ich gestehen: bisher hatten wir es nur bis in‘s Laabertal oder Altmühltal geschafft, den südlichen Ausläufern des Frankenjuras. Die Nürnberger Gebiete waren Neuland für uns, zu weit vom Allgäu entfernt, zuviel Speck, Kletterrummel und dazu weite Hakenabstände – alles wovon man irgendwann mal gehört hat …

Von all dem ist sicher etwas dran, dennoch wurden wir nicht enttäuscht: die Fränkische Schweiz ist an Idylle kaum zu übertreffen, die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein. Zwischen Wäldern, Wiesen und Äckern häufen sich traditionelle Fachwerkhäuser bis hin zu kleinen, ursprünglichen Dörfern. Da gibt es Tante-Emma-Läden oder urige Brauereigasthöfe mit Hausmanns-Kost sowie dem legendären Rauchbier, wo sich die Kletterszene trifft. Schön gelegene Campingplätze, die irgendwelchen Gasthöfen angegliedert sind bieten sich zur Übernachtung an.

Was das Klettern betrifft: inmitten dieser verschlafenen Gegend befinden sich weit verstreut zahlreiche Felsmassive, die mehr oder weniger hinter den Wäldern versteckt sind. Charakterisch ist die Lochkletterei an kompakten Kalkwänden, dazwischen gibt es aber auch immer wieder schöne Riss- oder Verschneidungslinien. Bei der Fränkischen Schweiz handelt es sich um ein traditionsreiches Klettergebiet, das schon viele Generationen angezogen hat. Richtig bekannt geworden ist die „Fränkische“ mit Wolfgang Güllich’s „Action Directe“, der weltweit ersten Klettertour im 11. Schwierigkeitsgrad. Kurt Albert erfand hier außerdem das „Rotpunkt-Klettern“, indem er frei begangene Routen mit einem roten Punkt am Wandfuß markierte.

Man kann die Absicherung der Routen nicht mit den herkömmlichen Sportklettergebieten vergleichen. In den plattigen oder exponierten Passagen stecken zwar ausreichend Haken, in den Rissen oder Verschneidungen müssen allerdings immer wieder Keile oder Friends gelegt werden, falls es das persönliche Sicherheitsbedürfnis verlangt. Dazu steckt der erste Haken mehr oder weniger weit oben, sodass hier manch ein Kletterer das Seil mit einem Clipstick einhängt. Die Routen besitzen oft alpinen Charakter, insofern bietet die Fränkische Schweiz ein gutes Training für Mehrseillängen-Touren in den Bergregionen.

Nicht wenige Linien sind durch die vielen Begehungen an manchen Passagen abgespeckt, was man in der Route jedoch schnell vergisst. Hauptsache man kommt oben bei der Umlenkung an … Was den Kletterrummel betrifft: Verlängerte Wochenenden und Ferienzeiten ziehen sicher haufenweise Kletterer an. Es gibt jedoch genügend weniger bekannte Ausweichziele, wo es dann ruhiger zugeht.

Man kann die „Fränkische“ getrost als Deutschlands bekanntestes Klettermekka bezeichnen. Die urige Gegend mit den unzähligen Felsmassiven incl. Routen in allen Schwierigkeiten tragen dazu bei. Und sogar Familien kommen hier auf ihre Kosten: Der Wandfuß ist oft eben und geräumig, zwischen den Bäumen können Hängematten gespannt werden. Für Ruhetage bieten sich Höhlen oder Burgen zur Besichtigung an. Darüberhinaus gibt es zahlreiche Möglichkeiten für die Biker unter uns …

Schwierigkeitsbewertung
Die Routen sind vergleichsweise ziemlich hart bewertet. Sie sind auch durch die vielen Begehungen und dem dadurch resultierenden Speck bis zu einem Grad schwerer geworden. Die ursprüngliche Bewertung ist allerdings geblieben.

Absicherung
In den meisten Routen sind die Hakenabstände etwas weiter. In Rissen und Verschneidungen können oft Keile und Friends gelegt werden. Engere Hakenabstände gibt es in den plattigen Passagen. Der erste Haken liegt oft weit oben, hier ist ein Clipstick vorteilhaft. Im leichten Gelände (2. bis 3. Schwierigkeitsgrad) sind kaum Haken vorhanden.

Wandhöhen
Ca. 10 bis 30 Meter

Ausrüstung
70-Meter-Sportkletterseil, 12 Exen, Keile, Friends, Schlingen, evtl. Clipstick

Eine kleine Auswahl der Betzensteiner Klettergebiete

Dreistaffelsfels Betzenstein
28 Routen bis zum 5. Schwierigkeitsgrad
50 Routen im 6. und 7. Schwierigkeitsgrad
2 Routen im 8. Schwierigkeitsgrad

Die Türme am Ortsrand von Betzenstein verteilen sich auf verschiedenen Sektoren. Es sind schöne löchrige Nordwände, die gelegentlich auch Risslinien bieten. Einige Routen sind auch für Anfänger geeignet. Wegen der schattigen Lage ist das Gebiet auch im Sommer geeignet.

Zugang: man fährt von Betzenstein Richtung Ittling. Kurz nach dem Ortsende befindet sich auf der linken Seite ein Parkplatz. Es sind nur wenige Minuten zu den verschiedenen Sektoren.

Stierberger Gemsenwand
14 Routen bis zum 5. Schwierigkeitsgrad
25 Routen im 6. und 7. Schwierigkeitsgrad
1 Route im 8. Grad

Das Gebiet bietet viele schöne Routen und ist deshalb in der Regel stark frequentiert. Es handelt sich oft um steile Wandkletterei, es sind aber auch einige Risslinien vorhanden. Die Routen sind teilweise bis zu 25 Meter lang. Darunter gibt es auch ein paar einfachere, die für Anfänger geeignet sind. Durch die schattige Lage im Wald kann auch im Sommer geklettert werden.

Zugang: Von Betzenstein nach Stierberg und weiter Richtung Münchs. Nach ca. 1 km gibt es auf der rechten Seite Parkplätze. In wenigen Minuten durch den Wald zu den Felsen hinauf.

Münchser Wand
26 Routen bis zum 5. Schwierigkeitsgrad
22 Routen im 6. und 7. Schwierigkeitsgrad

Das Gebiet ist etwas kleiner als die benachbarte Stierberger Gemsenwand. Es handelt sich oft um mehr oder weniger steile Wände und die Routen sind etwas kürzer als an der Gemsenwand. Neben der obligatorischen Lochkletterei gibt es auch ein paar schöne Riss- und Verschneidungslinien. Durch die schattige Lage im Wald kann auch hier im Sommer geklettert werden.

Zugang: Von Betzenstein nach Stierberg und weiter Richtung Münchs. Nach ca. 1,5 km befinden sich auf der rechten Seite Parkplätze. In wenigen Minuten durch den Wald zu den Felsen hinauf.

Betzensteiner Sportkletterwand
8 Routen bis zum 5. Schwierigkeitsgrad
14 Routen im 6. und 7. Schwierigkeitsgrad
6 Routen im 8. und 9. Schwierigkeitsgrad

Der erste Sektor am Waldrand ist bereits vom Parkplatz aus sichtbar. Hier gibt es etwas leichtere, anfängertaugliche Routen und ist deshalb gut besucht. Die Routen in den linken Sektoren im Wald sind etwas steiler bis überhängend. Sie bieten sehr löchrigen und teilweise henkeligen Fels. Durch die schattige Lage kann auch im Sommer geklettert werden.

Zugang: Von Betzenstein Richtung Stierberg. Am Ortsrand von Betzenstein befindet sich auf der rechten Seite ein großer Wanderparkplatz. Man geht in wenigen Minuten über die gegenüberliegende Wiese zum ersten Sektor. Weitere Felsen befinden sich linkshaltend durch den Wald.

Allgemeine Lage
Man fährt auf der A9 von Nürnberg Richtung Berlin. Nach ca. 30 km erreicht man die Abfahrt Betzenstein und in wenigen Kilometern den Ort.

Unterkünfte
Campingplatz Betzenstein campingplatz-betzenstein.de
Landgasthof Fischer mit Campingplatz www.gasthof-pension-fischer.de
Gasthof Eichler mit Campingplatz www.gasthof-eichler.de

Topos
Kletterführer Frankenjura Band 2, www.panico.de

Webinfo
www.frankenjura.com
www.outdooractive.com
kletterblock.de/

Bildgallerie

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