Gimpel, Hochwiesler und die Rote Flüh, das waren schon immer die Klassischen Kletterberge in den Tannheimern. Seit der Erschließung des Schäfers, der Zwerchwand und des Gimpel-Vorbaus hat sich der Schwerpunkt jedoch deutlich verlagert. Die meisten Kletterer bevorzugen dort die gut gesicherten Plaisir- bzw. Alpinen Sportklettertouren, und nicht selten steht man hier im Stau. Mir geht es ja selbst auch so. Aber gelegentlich sehnt man sich wieder nach einem Alpineren Ambiente. Back to the Roots – nur nicht allzu sehr verwöhnen lassen …
Die Rote Flüh ist da genau das Richtige in den Tannheimern. Deren Südwand ist gespickt mit einer Vielzahl von Routen. Vom alten Klassiker im 4. Grad bis hin zu den modernen anspruchsvollen Hölzler-Touren im oberen 8. Grad ist hier alles geboten.
Nach einem schweren Kletterunfall in den 90er Jahren setzte der Bergführer Toni Freudig erstmals den Bohrer in der Wand an und sanierte darauf die meisten gängigen älteren Routen. Dabei ist der Charakter meist gleich geblieben, es wurden lediglich die alten unzuverlässigen Normalhaken entfernt und an gleicher Stelle durch sichere Klebehaken ersetzt. Diese gut gemeinte Aktion löste im Anschluss eine heftige Diskussion aus und endete sogar mit einem Bohrhaken-Krieg. Letztendlich hat sich Freudig jedoch durchgesetzt und im Laufe der Zeit die Routen am Gimpel und Hochwiesler ebenfalls saniert.
Mit einer Kletterlänge von bis zu 350 Metern bietet die Rote Flüh eine ordentliche Wandhöhe. Vor allem in den leichteren und teilweise unübersichtlichen Routen bis zum 6. Grad ist der Weg nicht immer ganz offensichtlich. Das dichte Routen-Netz und viele Überkreuzungen tragen ebenfalls zur Verwirrung bei. Die Wand wird von vielen Verschneidungen, Rampen und Querungen durchzogen, ohne Topo tut man sich hier schwer, den richtigen Weg zu finden …
Dabei ist die Südwestkante noch relativ einfach zu finden. Die ersten 5 Seillängen führen konsequent über einen breiten Pfeiler links der Gipfel-Falllinie nach oben. Schließlich gelangt man in etwas leichteres Gelände, wo die Orientierung schwieriger und die Hakenabstände etwas weiter werden. Der Gipfelaufbau wirkt auf den ersten Blick ebenfalls sehr unüberschaubar. Von einer Scharte führt ein luftiger Quergang nach rechts wieder in leichteres Gelände. Hier folgt man stets dem einfachsten Weg des geringsten Widerstands hinauf bis zum Gipfelkreuz.
Die Tour ist insgesamt sehr abwechslungsreich und bietet viele schöne Platten-Passagen, Überhänge, Rampen, Verschneidungen und Quergänge. Die Südwestkante wurde sehr überlegt saniert und die schweren Stellen sind dabei meist gut abgesichert. Im etwas leichteren Gelände muss allerdings immer wieder ein paar Meter vom letzten Haken weggeklettert werden, was auch dem Reiz dieser Route enspricht.
Die Tour zählt sicher zu den besten Tannheimer Wegen im 6. bis 7. Grad. Das Ambiente mit dem tieferliegenden Haldensee ist immer wieder schön. Gerade bei milden Temperaturen im Herbst, macht es hier richtig Spaß zum Klettern.
Schwierigkeit
Meist 5 bis 6. Gelegenlich leichter. 2 Seillängen 7-. (6+ obligatorisch)
Absicherung
Die Route ist ausreichend mit Klebehaken abgesichert. Die schweren Stellen sind gut gesichert. An wenigen Stellen kann mit Friends optimiert werden.
Material
50-Meter-Einfach- oder Doppelseil, 10 Exen, Schlingen und Friends
Ausgangspunkt
Nesselwängle im Tannheimer Tal. Der gebührenpflichtige Parkplatz befindet sich am westlichen Ortsrand.
Zustieg
Entlang der Beschilderung zum Gimpelhaus (1,5 Stunden). Vom Gimpelhaus ca. 50 Meter Richtung Judenscharte. Bei einem Schild zweigt man nach links ab und steigt über einen Pfad hinauf zur breitgezogenen Wand. Man quert den Wandfuß des Hochwiesler und weiter zur Roten Flüh. Fast an deren Ende befindet sich eine Gedenktafel mit der Aufschrift „Schnez“. Ca. 10 Meter rechts davon befindet sich der Einstieg bei einem roten Pfeil. Vom Gimpelhaus ca. 30 Minuten.
Abstieg
Über den Normalweg. Zum Gimpelhaus ca. 45 Minuten
Stützpunkt
Gimpelhaus www.gimpelhaus.at
Topos
Kletterführer Allgäu incl. Tannheimer Berge www.panico.de
Bildgallerie