“Sebengeischt” an der Sebenspitze

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Die Tannheimer Berge gelten gemeinhin als ziemlich überlaufen. Die Seilbahn hinauf zum Füssener Jöchle, diverse Hütten samt üppigem Wegenetz locken Wanderfreunde aus Nah und Fern. Dennoch gibt es nur unweit der bekannten Modeberge wie dem Aggenstein, der Großer Schlicke usw. ein paar Gipfel, die bis heute von den Massen verschont geblieben sind. Darunter erhält die Sebenspitze vergleichsweise selten einen Besuch, obwohl sie sich, was die Aussicht betrifft, vor ihren berühmteren Nachbarn nicht zu verstecken braucht. Bemerkenswert ist, dass kein ausgeprägter Normalweg, viel mehr eine teils schrofige Wiese auf den einsamen Gipfel führt.

Was mir bei der Skitour auf den nahegelegenen Lumberger Grat schon immer auffiel: die Sebenspitze fällt nach Süden hin steil ab und ist von einigen felsigen Graten und Pfeilern durchzogen. Lange Zeit lag diese Wand im Dornröschen-Schlaf, in der Neuauflage des Allgäu-Kletterführers sind hier nun das „Südwestwändle“ und der „Sebengeischt“ beschrieben. Mit der Bergfahrt hinauf zum Füssener Jöchle reduziert sich der Zustieg auf bescheidene 45 Minuten und mit jeweils 5 Seillängen sind die beiden Routen relativ überschaubar. Ein geeignetes Ziel für einen wenig anstrengenden Klettertag oder auch bei unsicherem Wetter.

Trotz aller Vorzüge ist das Klettervergnügen an der Sebenspitz-Südwand jedoch etwas beeinträchtigt. Bereits in der ersten Seillänge im „Sebengeischt“ bekommt man den typischen Tannheimer Fels zu spüren: es ist nicht immer alles fest, was man in den Händen hält und behutsames Klettern angesagt. Die Erstbegeher fanden in der Tour aber auch kompaktere Zonen mit einigen schönen Klettermetern. Nach der zweiten Seillänge trifft man auf eine kurze Abseilstelle (hier kreuzt das “Südwestwändle”), um einen seitlich versetzten Pfeiler zu erreichen. Eine längere Plattenflucht führt zu einem exponierten Überhang, der sich deutlich vom Rest der Tour abhebt. Die Schlüsselstelle bewegt sich im unteren 8. Grad, lässt sich aber auch anstrengend mit Hakenhilfe (6 A0) überwinden.

Eine weitere anregende Steilstufe leitet nun über leichteres Gelände zum Wandbuch hinauf. Es sind bis 2021 nur wenige Einträge vorhanden, was erklärt, dass die Tour bis dahin noch kaum abgeklettert ist. Die letzte Seillänge tendiert nach links und wurde von den Erstbegehern etwas künstlich nochmals durch den besten Fels gelegt. Man erreicht einen schrofigen Grat, der nach ca. 100 Meter auf den einsamen Gipfel der Sebenspitze führt.

Fazit: Wer den Tannheimer Kletter-Rummel meiden möchte, ist an der Sebenspitze richtig. Da der „Sebengeischt“ noch wenig abgeklettert ist, müssen einige labile, teils fragwürdige Griffe in Kauf genommen werden. Trotz ausreichender Bohrhakenabsicherung ist hier ursprünglich Alpines Klettern angesagt. Die Auffahrt mit der Bergbahn zum Füssener Jöchle, Klettern an der Sebenspitze, mit anschließendem Abstieg über die Sebenalpe zurück nach Grän ergibt eine ausgedehnte Rundtour.

Schwierigkeit

An den steilen Wandpassagen 5 bis 6. Eine Stelle 8- bzw. 6 A0. Dazwischen gelegentlich einfacheres Gelände im 3 bis 4. Grad.

Absicherung

Die Tour ist ausreichend mit Bohrhaken abgesichert. Zuweilen waren sich die Erstbegeher über den Routenverlauf nicht ganz einig und schraubten die Plättchen wieder ab. Dadurch ist die Orientierung durch die abstehenden Schrauben teils irreführend. Keile und Friends sind kaum einsetzbar.

Ausrüstung

Einfach- oder Doppelseil, 10 Exen, evtl. eine Trittschlinge für die Schlüsselstelle

Ausgangspunkt

Grän im Tannheimer Tal. Parkplatz bei der Bahn zum Füssener Jöchle.

Zustieg

Mit der Gondel zum Füssener Jöchle hinauf. An der Bergstation nach links Richtung Bad Kissinger Hütte. Nach ca. 15 Minuten erreicht man ein Joch und steigt jenseits ein gutes Stück zu einem markanten Wiesenhang hinab. Hier weglos nach rechts hinauf, bis der Oberalmgrat erreicht wird. Der Grat führt hinüber zur Sebenspitze und man steigt am Wandfuß über das Geröll ab. Man kommt am markierten Einstieg des „Südwestwändle“ vorbei und steigt weiter bis zum tiefsten Punkt ab. Hier nach rechts um einen Pfeiler und wenige Meter hinauf zum „Sebengeist“. Der Einstieg ist beschildert. Von der Bergstation am Füssener Jöchle ca. 45 Minuten.

Abstieg

Vom Gipfel über den großen markanten Wiesenhang weglos nach Westen zum Vilser Jöchle hinab. Gelegentliche Steinmänner weisen den Weg. Vom Vilser Jöchle führt ein Wanderweg nach links zur Sebenalpe hinab. Von hier nach links zurück zum Füssener Jöchle (ca. 45 Minuten) oder nach rechts Richtung Grän absteigen. In Grän linkshaltend zurück zur Talstation der Bergbahn. Vom Gipfel ca. 2 Stunden.

Topos

Kletterführer Allgäu incl. Tannheimer Tal www.panico.de

Bildgallerie

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