Auf den ersten Blick ist die Zwerchwand hoch über dem Tannheimer Tal ein von grasigen Bändern durchzogenes Massiv, in dem sich vor allem die Gemsen wohlfühlen. Gelb-splittrige Wandbereiche wechseln sich mit kompakten Zonen ab, logische Linien sind hier nur schwer erkennbar. Lange Zeit ignorierten potentielle Erstbegeher diese unscheinbare Wandflucht, doch ich erkannte damals die Zeichen der Zeit: „Hier lege ich eine Linie durch, wo an einem schönen Samstag-Morgen 10 Seilschaften anstehen“. Dieser ursprünglich nicht ganz ernst zunehmende Spruch entwickelte sich allerdings bald darauf zur Realität. „Till Ann“ ist mittlerweile die meistbegangene Klettertour in den Tannheimer Bergen. Und es ist wirklich ratsam früh aufzustehen, um nicht allzulange im Stau zu stehen …
Im Sommer 2002 legte ich zusammen mit Jörg entlang einer schwach ausgeprägten Graterhebung eine Fixseil-Kette durch die Wand. Es dauerte mehrere Stunden, bis der gefährlichste Bruch abgeräumt war. Grasige Absätze dienten als Standplätze, dazwischen richtete ich die Route perfekt mit Bohrhaken ein. Wie heißt doch das Motto der Schweizer Plaisir-Pioniere? Kletterer in den unteren Graden haben das gleiche Recht auf eine gute Absicherung, wie jene in den oberen Graden. Die Neutour hat sich schnell herumgesprochen und bereits nach wenigen Wochen waren hier die ersten Aspiranten anzutreffen. Der Startschuss für die Erschließung der Zwerchwand war gefallen …
Charakter
Pfeilerartige Rücken, geneigte Platten und kurze Aufschwünge wechseln sich regelmäßig ab. Die vorletzte Seillänge führt durch einen schönen Kamin. Bequeme Standplätze laden zur Verschnaufpause ein. Der Fels ist mittlerweile gut abgeklettert und zeigt bereits erste Speckstellen. Die Route ist aufgrund der moderaten Schwierigkeiten und guten Absicherung für Alpine Einsteiger bzw. Kurse geeignet. Der Abstieg erfolgt über die benachbarte Piste, wo die Abseiltechnik geübt werden kann.
Schwierigkeit
Meist +/- 4, gelegentlich 5-, Rest leichter
Absicherung
Perfekt mit Bohrhaken
Material
60-Meter-Doppelseil, 12 Exen, Abseilausrüstung, Helm
Zustieg
Man folgt dem Weg vom Gimpelhaus zur Judenscharte. Im Gimpelkar hält man sich rechts Richtung Gimpel-Vorbau. An dessen Wandfuß führt ein horizontaler Pfad nach rechts hinüber zur Zwerchwand. Der Einstieg befindet sich bei einer markanten Platte.
Abstieg
Am Gipfelgrat ca. 20 Meter nach links. Man erreicht ein Fixseil, das zur ersten Abseilstelle führt. Von hier je nach Einhaltung der Standplätze 3 bis 4mal abseilen. Es bieten sich mehrere Varianten an.
Talort
Nesselwängle im Tannheimer Tal. Der gebührenpflichtige Parkplatz befindet sich am westlichen Ortsrand.
Stützpunkt
Gimpelhaus im Tannheimer Tal. Vom Parkplatz entlang der Beschilderung in ca. 1,5 Stunden auf steilem Bergweg zu erreichen. Siehe www.gimpelhaus.at
Topos
Alpinkletterführer Allgäu & Ammergau. Siehe www.panico.de
Kletterführer „Klettern in den Tannheimer Bergen“. Hier im Menüpunkt „Kletterführer“ erhältlich.
Lieber Pat, die Tillann wollte ich mich schon immer mal trauen und jetzt war es endlich soweit (dem weltbesten Bergführer Dani sei Dank!) Die dritte Seillänge war für mich die Schönste. Seltsamerweise waren wir trotz Samstag und Sonnenschein ganz allein in der Route. Danke dir für die wunderschöne Route und dass du so vielen Leuten mit deinen Routen so tolle Bergtage schenkst. Der nächste Schnaps geht auf mich!