Im klassischen Sportklettergebiet „Cansla“, genauer gesagt im Sektor „Traumpfeiler“, entstanden Anfang der 1980er-Jahre die ersten Sportkletterrouten an der Sellagruppe und in den gesamten Dolomiten überhaupt. Bis Mitte der 1990er-Jahre herrschte dort reges Geschehen und ein Großteil der Kletterszene spielte sich an diesen grauen Plattenfluchten ab. Es war der frühe und zugleich umstrittene Einzug der Bohrhaken in die Dolomiten.
Dabei entstanden bei Cansla auch einige anspruchsvolle Mehreillängenrouten in den oberen Schwierigkeitsgraden. 2014 meinten es die Brüder Demetz jedoch gut mit den „Normalos“ und richteten dort mit aufwändiger Putzarbeit die etwas gängigere Route „Traumfänger“ im 5. bis 6. Grad ein. Eine Länge im oberen 7. Grad ließ sich leider nicht vermeiden. Immerhin sind die Haken so gesetzt, dass man in dieser Seillänge auch technisch bzw. A-Null klettern kann.
Der kurze Zustieg von der Sellapass-Straße lockt regelmäßig Kletterer an den Wandfuß. Denn dort befindet sich der Klettergarten “Cansla” mit einigen sehr schönen 6a-Routen links eines tief ausgespülten Canyons. Der „Traumfänger“ beginnt mit der linken Sportklettertour, die mit Klebehaken gut gesichert bei einem alten „Sauschwanz“ auf einem Band endet. Von hier aus geht es diagonal rechtshaltend dem „Traumfänger“ entlang und man begegnet fortan dem alten Hakenmaterial inclusive Sanduhrschlingen aus der Gründerzeit.
Es sind oft leicht geneigte, löchrige Platten oder steile Aufschwünge, die immer wieder durch Bänder unterbrochen werden. Nach der 4. Seillänge folgt ein markanter Links-Quergang, der nicht leicht zu finden ist. Wir querten etwas zu tief auf einem grasigen Band und gerieten in schweres Gelände, das weiter oben rechtshaltend wieder in die Original-Führe mit der 6b+ Seillänge mündete. Generell ist die Orientierung in diesem Wandbereich wegen zahlreicher Varianten ziemlich unübersichtlich.
Nach diesem Haken-Wirrwarr verläuft der Traumfänger konsequent diagonal linkshaltend wieder über schöne löchrige Platten und steile Aufschwünge hinauf. Hier ist die Orientierung auch wieder klar. Die Tour wird nach oben hin immer schöner, die Kletterei ist teilweise sehr exponiert, jedoch im 5. Grad angenehm zu bewältigen. Man landet schließlich auf einer großen Wiese und muss sich für den Abstieg entscheiden. Generell kann auch über die Tour abgeseilt werden, dies sollte jedoch wegen dem darunterliegenden Klettergarten am Wandfuß bezüglich Steinschlag vermieden werden.
Der Fußabstieg ist aber dann landschaftlich überraschend schön. Über steile, exponierte Wiesen, wo sich an den Felseinlagerungen immer noch Haken bzw. Sanduhrschlingen zur Sicherung am laufenden Seil befinden, gelangt man zu dem ausgespülten Canyon hinab. In diesen aalglatten „Gletschermühlen“ gibt es doch tatsächlich auch eine Klettertour oder es wird bei geeignetem Wasserstand Canyoning betrieben. Nach längeren Trockenphasen ist die markante Schlucht jedoch ausgetrocknet.
Der weitere Abstieg vom Traumfänger will gefunden werden. Am oberen linken Schluchtrand befindet sich im schrofigen Abhang der erste Abseilhaken. Nicht in die Schlucht abseilen! Vielmehr linkshaltend auf eine Wiese, zu einem Baum mit Schlingen und weiter geradeaus zum Wandfuß hinab. Dort landet man im Klettergarten „Woodstock“. Dieses Kleinod für Einsamkeitsfanatiker bietet zahlreichen Routen und immer noch messerscharfen Fels. Über einen ausgetretenen Pfad gelangt man schließlich zum Ausgangspunkt zurück.
Aus der Ferne betrachtet wirkt die Linie des Traumfängers in der mächtigen Westwand des „Meisules dala Biesces“ eher unscheinbar. Es sind jedoch immerhin 300 Meter bzw. 12 Seillängen, die den Sockel des Bergs durchziehen. Der kurze Zustieg, die schöne Kletterei samt guter Absicherung machen die Tour zu einem lohnenden Ziel. Es kommt in den Dolomiten ja nicht so oft vor, dass es Bohrhaken gibt. Bei Schlechtwetter oder sonstigem Malheur kann jederzeit über die Route abgeseilt werden. Die Wand ist westseitig ausgerichtet, insofern kann hier an heißen Sommertage im Schatten geklettert werden. Und der Blick zum gegenüberliegenden Langkofel ist überwältigend …
Schwierigkeit
Überwiegend 5a, gelegentlich auch leichter, maximal 6b+ bzw. 6- A0 (6- obligatorisch). Die Schwierigkeitsangaben aus dem Kletterführer sind dolomitentypisch hart bewertet. Es darf jeweils ein halber Grad dazugerechnet werden.
Absicherung
Ein Mix aus Bohrhaken, Normalhaken und Sanduhrschlingen, Keile und Friends sind nicht erforderlich
Ausrüstung
50-Meter-Einfach- oder Doppelseil, 12 Exen, Abseilausrüstung
Ausgangspunkt
Von Wolkenstein Richtung Sellapass hinauf. Kurz nach der Abzweigung zum Grödnerjoch befindet sich auf der rechten Straßenseite ein kleiner Parkplatz gegenüber einer Kießgrube.
Zustieg
Vom Parkplatz über die Straße und über einen ausgetretenen Pfad links der Kießgrube zum Wandfuß hinauf. Ca. 15 Minuten. Der Einstieg befindet sich bei der linken Klettergartenroute.
Abstieg
Vom letzen Stand diagonal nach rechts über die Wiese zu weiteren Felsen hinauf. Hier wieder rechtshaltend horizontal leicht absteigend in’s flachere Gelände hinab. Haken bzw. Sanduhrschlingen sind zur Sicherung am laufenden Seil vorhanden. Man überschreitet das Bachbett und steigt zum Beginn der markanten Canyoning-Schlucht ab. Am linken Rand, ein paar Meter im schrofigen Gelände querend, befindet sich der erste Abseilring. Hier mit einem Strang 2mal abseilen. Man landet auf einer Wiese und steigt linksaltend zu einem Baum mit Schlingen hinab. Nun 3mal bis zum Wandfuß abseilen. Über einen ausgetretenen Pfad geht es rechtshaltend zum Ausgangspunkt zurück. Insgesamt ca. 45 Minuten.
Topos
Kletterführer „New Age“ www.kletterfuehrer.net
Webinfo
www.draussen-unterwegs.de
www.dolomitesalpine.it
Bildgallerie