„Herrgottsbeton“, so nennen die alteingesessenen Oberallgäuer das Konglomerat zu Urzeiten zusammengebackener Kieselsteine. Und davon gibt es beidseitig des Gunzesrieder Tals haufenweise, besonders an der Negelfluhkette oder gegenüber bei den Balderschwanger Voralpen-Gipfeln. Zum Klettern ist dieser eigenartige Fels eher gewöhnungsbedürftig, so auch an der Siplinger Nadel. Schon seit Generationen hat es Kletterer an den „schwersten Gipfel“ der Allgäuer Alpen gezogen. Bei einer Schartenhöhe von 20 Metern die Nadel als Gipfel zu bezeichnen fällt jedoch schwer, aber immerhin steht ein robustes Kreuz auf ihrer Spitze. Dazu macht die Optik durchaus was her, nach Norden fallen die Wände deutlich weiter hinab, und ziehen deshalb auch die Blicke vorbeipilgernder Wanderer auf sich.
Der Normalweg führt von einer Scharte im oberen 5. Schwierigkeitsgrad entlang der rechten Kante über seichte Verscheidungen zum höchsten Punkt hinauf. Trotz zahlreicher Begehungen müssen die Griffe immer noch sorgfältig geprüft werden und das wird wohl immer so bleiben. Der wenig vertrauenserweckende „Herrgottsbeton“ hält was er verspricht und bietet einen gewissen alpinen Flair. Dennoch gibt es am Normalweg insgesamt 3 geklebte Ringhaken, und dazwischen ein paar alte Normalhaken aus vergangenen Zeiten. Insofern ist der Aufstieg auch für mehr oder weniger begabte Kletterer gut verdaulich …
Wenige Meter links daneben wurden in jüngerer Zeit zusätzlich zwei Sportklettertouren im 6. bis unteren 7. Grad eingerichtet. Hier ist der Fels deutlich fester und bietet anhaltende Kletterei an kleinen Löchern und Kieselsteinen. Besonders die mittlere Linie ist durchaus schön. Dazu sind die Routen durchgehend mit Bohrhaken ausgestattet und können sicher geklettert werden. Um den schmalen Gipfel, der vielleicht Platz für 2 bis 3 Personen bietet, wurde ein solides Statikseil für’s Abseilen eingerichtet. Wer über den Normalweg hochsteigt, kann hier auch das Toprope für die nahegelegenen Sportkletterrouten einhängen.
Man läuft schon eine Weile hoch zur Siplinger Nadel, genauer gesagt je nach vorgerücktem Parkplatz 1,5 bis 2,5 Stunden. Ob sich das lohnt für drei kurze Routen? Wie dem auch sei, man muss die Nadel zumindest als Allgäuer einmal bestiegen haben. Gerade im Frühjahr mit den Tourenskiern oder Herbst, wenn in den höheren Lagen bereits der erste Schnee liegt, lohnt sich ein Besuch. Zudem kann in einer weiteren halben Stunde der Siplinger Kopf bestiegen werden. Der aussichtsreiche Gipfel bietet schöne Eindrücke auf den Allgäuer Hauptkamm bis hinüber zu den Bergenzer-Wald-Bergen.
Schwierigkeit
Normalweg: 5+
Neue Route: 7-
Familienausflug: 6+
Absicherung
Normalweg: Ausreichend gesichert, ein Mix aus Ring- und alten Normalhaken
Neue Route: Mit Klebehaken gut gesichert
Familienausflug: Mit Schwerlastankern ausreichend gesichert
Ausrüstung
Sportkletterseil, 8 Exen, Abseilausrüstung
Ausgangspunkt
Gunzesrieder Säge im Gunzesrieder Tal. Es befindet sich ein geräumiger Parkplatz am Ortseingang. Es kann auch über die Mautstraße 5 km taleinwärts bis zur Hinteren Au-Alpe weitergefahren werden. Ein weiterer Parkplatz befindet sich links der Hinteren Au-Alpe. Es lohnt sich, die wenig anstrengende Mautstraße durch’s landschaftlich schöne Auchbach-Tal mit dem Bike zu befahren …
Zustieg
Vom Parkplatz links der Hinteren Au-Alpe über die Brücke und gleich nach rechts entlang der Beschilderung hinauf zur Siplinger Alpe. Man folgt dem Wanderweg zum Siplinger Kopf und kommt direkt an der Siplinger Nadel vorbei. Die Einstiege befinden sich bei einer Scharte wenig unterhalb des Wanderwegs. Von der Gunzesrieder Säge ca. 2 bis 2,5 Stunden, vom Parkplatz Au-Alpe ca. 1,5 Stunden.
Abstieg
Ca. 18 m vom Gipfelkreuz abseilen. Am Gipfel befindet sich eine rubuste Abseil-Schlinge
Topos
Kletterführer Allgäuer Alpen www.panico.de
Webinfo
www.walter-hoelzler.de
festivaltour.de
www.hikr.org
www.youtube.com
Bildgallerie