Die „Linie 95“ ist eine Kletterroute an der Nordwand der Kellenspitze, die als eine der ersten Bohrhaken-Touren im Tannheimer Raintal gilt. Sie wurde in den 1990er Jahren von Toni Freudig erschlossen und ist neben dem „Gotischen Fenster“ die meistbegangene Kletterroute durch die mächtige Wand.
Die Tour verläuft entlang dem Weg des geringsten Widerstands im linken Teil des Nordabbruchs der Kellenspitze. Dadurch ergeben sich einige ausgesetzte Quergänge, allen voran der „Engelsquergang“, der sich durch eine überhängende Dachzone zieht. Dazwischen gibt es immer wieder schöne Wand- und Plattenkletterei in sehr gutem Fels. In den leichteren Längen ist aber auch mit schrofigen, unübersichtlichen Passagen zu rechnen.
Trotz der meist moderaten Schwierigkeiten sollte man die Tour nicht unterschätzen. Die richtungsweisenden Bohrhaken sind oft schwer zu erkennen und deren Abstände zuweilen sportlich. Zwischen den Haken ist klettern angesagt. Die Absicherung bewegt sich im Stil der 1990er Jahre mit sparsamen Einsatz von Bohrhaken vor dem Plaisir-Zeitalter.
Ebenso darf die Länge der Tour nicht unterschätzt werden. 14 Seillängen, meist bis zu 45 Meter lang, sind Programm. Der Abstieg erfolgt durch mehrfaches Abseilen, unterbrochen von einer kurzen Gehstrecke. Das Ambiente erinnert ein wenig an eine alpine Dolomiten-Tour. Die Wegfindung ist im Auf- und Abstieg nicht ganz einfach und stellt gewisse Ansprüche an die Orientierung. Die einstigen Markierungen durch rote Punkte sind mittlerweile fast verblasst.
Insgesamt eine tagesfüllende Unternehmung für erfahrene Nordwand-Kletterer der alten Schule. Und der Tiefblick hinab in’s Reintal ist einmalig!
Schwierigkeit
Überwiegend 4 bis 5+, gelegentlich leichter. 5+ obligatorisch
Absicherung
An den exponierten Passagen befinden sich Bohrhaken. Es ist mit längeren Hakenabständen zu rechnen. Gelegentlich kann mit Friends optimiert werden.
Ausrüstung
50-Meter-Doppelseil, 10 Exen, evtl. kleinere Friends, Schlingen, Abseilausrüstung
Ausgangspunkt
Wanderparkplatz beim Gasthof Bärenfalle zwischen Roßschläg und Reutte/Tirol. Man fährt vom Gasthof noch ca. 500 m weiter zum hintersten Parkplatz bei einer Schranke.
Zustieg
Vom Parkplatz ca. 6 Km über die Forststraße hinauf Richtung Otto-Mayr-Hütte. Es empfiehlt sich das Bike mitzunehmen. Kurz vor der Hütte zweigt ein Wanderweg nach links zur Nesselwängler Scharte ab. Man geht über einen Bach und folgt dem Weg ca. 15 Minuten bis ein unscheinbarer Pfad linkerhand abbiegt. Hier quert man den Wandfuß ca. 100 Meter bis zum angeschriebenem Routennamen. Vom Bikedepot ca. 30 Minuten.
Abstieg
Vom letzten Stand 3mal bis zu einer Schlucht abseilen. Man steigt über den Graben und folgt den Pfadspuren bis zur nächsten Abseilstelle. Rote, verblassene Punkte beachten. Nach drei weiteren Abseillängen erreicht man den Wandfuß und quert zum Wanderweg bei einem markanten Felsblock hinaus. Von hier ca. 30 Minuten zum Bikedepot hinab.
Übernachtung
Otto-Mayr-Hütte www.ottomayrhuette.com
Musauer Alm www.musaueralm.at
Füssener Hütte www.fuessener-huette.at
Literatur
Kletterführer Allgäu incl. Tannheimer Tal www.panico.de
Bildgallerie
Unvergessliches Abenteuer