Wer kennt sie nicht, die großen Klassiker rund um die Albert Heim Hütte: die „Niedermann“ an der Grauen Wand und den Südgrat am Gletschhorn. Durch die Beschreibungen in den legendären Pause-Büchern ist der Andrang vor allem in der „Niedermann“ dementsprechend groß und man steht hier an schönen Sommertagen regelmäßig im Stau.
Etwas ruhiger geht es dagegen am benachbarten Tiefengletscher zu: Der Zustieg zum Gletschorn Südgrat ist etwas weiter und alpiner. An dessen vorgelagerten Sporn gibt es dazu zwei phantastische Routen (Enfer doux und Little Chamonix) von den Remy-Brüdern bzw. Jürg von Känel. Juwelen im Furka-Gebiet, die an Chamonix erinnern …
Etwas weiter trifft man auf die Dammazwillinge, dem markanten Grat zwischen Gletschhorn und Tiefenstock. Der Zustieg auf dem Gletscher zieht sich, und manch eine Seilschaft ist hier noch im Frühsommer mit den Tourenskiern unterwegs. Die Gegend ist eine grandiose Hochgebirgslandschaft, umrahmt von steilen Wänden. Wäre der Zustieg zum abgelegenen Kessel des Tiefengletschers nicht so lang, würde man an den Dammazwillingen und am Sporn sicher auch in der Schlange stehen.
Doch was zieht so manchen Kletterer in diese verlassene Ecke des Tiefengletschers? Der Granit am Gletschhorn-Sporn und an den Dammazwillingen ist einfach phantastisch: alles bombenfest, grobkörnig und mit Rissen, Verschneidungen, Schuppen und Platten verschwenderisch gesegnet. Mittlerweile gibt es an den Dammazwillingen mehrere Routen, die für einen Besuch lohnen: Estonia (6a), Südwest Pfeiler (5c), Etat Brut (?), Paradis Perdu (6b) sowie Modern et classique (6b). Eigentlich sollte man auf dem Tiefengletscher das Zelt aufstellen und der Reihe nach, inclusive der Routen am Sporn, alle Routen abhaken …
Der einfachste Anstieg ist sicher der Südwestpfeiler von Peter Arigoni und und Hanspeter Geier aus dem Jahre 1962 an den Dammazwillingen. Obwohl ich die Pfeiler-Route schon vor fast 30 Jahren gemacht habe, ist sie mir in toller Erinnerung geblieben: überwiegend lässiges 5c-Gelände, alles wunderbar zu klettern und abzusichern. Der gut strukturierte und rotbraun schimmernde Fels zählt hier sicher zum Besten, was der Furkapass zu bieten hat.
Die Route wurde mittlerweile sanft saniert und hat von ihrem Reiz nichts eingebüßt. Im oberen Drittel quert sie die Routen “Etat Brut und Paradis Perdu”, hier sollte man sich nicht versteigen. Die Wand wird erst ab Mittag von der Sonne beschienen – ein früher Aufbruch ist deshalb nicht zwingend erforderlich – auch was die Länge der Tour betrifft …
Schwierigkeit
Meist 5b bis 5c, gelegentlich leichter. 5b+ obligatorisch
Absicherung
An den schwierigsten Stellen befinden sich Bohrhaken, dazwischen kann immer wieder mit Keilen, Friends und Schlingen zwischengesichert werden. Die Stände sind für’s Abseilen eingerichtet.
Ausrüstung
60-Meter-Doppelseil, 10 Exen, Keile und Friends, Schlingen, Abseilausrüstung
Zustieg
Von der Albert Heim Hütte über den angelegten Steinpfad zunächst nach Westen Richtung Graue Wand. Nach ca. 30 Minuten linkshaltend und weglos zum Tiefengletscher. Nun dem Gletscher entlang zum Wandfuß aufsteigen. Der Einstieg befindet sich rechts eines Blocks und ist je nach Schneemenge mit einem orangen Punkt gekennzeichet. In der Regel sind keine Steigeisen erforderlich und die Spaltengefahr ist sehr gering. Von der Hütte ca. 2 Stunden.
Abstieg
Die ersten drei Abseil-Längen befinden sich entlang des Südwest-Pleilers. Danach wird weiter über die „Paradis Perdu“ abgeseilt. Bei fortgeschrittener Schneeschmelze müssen die letzten Meter einfach abgeklettert werden.
Ausgangspunkt
Parkplatz Tätsch über dem Hotel Tiefengletscher an der Furkapass-Straße, ca. 5 km östlich der Passhöhe. Die Parkgebühr ist beim Hotel zu entrichten.
Stützpunkt
Albert-Heim-Hütte (2543 m). Man erreicht die Hütte auf einem gemütlichem Schotterweg von Tätsch (ca. 1 Stunde). www.albertheimhuette.ch
Topos
Kletterführer Schweiz Plaisir Ost www.filidor.ch
Kletterführer Dreams of Switzerland klettern-shop.de
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