Jürgen Schafroth

Der vielleicht kreativste Allgäuer Bergsteiger erzählt aus seinem Leben

Jürgen, du wohnst in Immenstadt, da liegen die ersten Berge sozusagen gleich hinter der Haustür. Klar, dass man da schon in jungen Jahren auf die umliegenden Gipfel steigt. Wann und mit wem hattest du deinen ersten Felskontakt?

Hallo Pat, erstmal vielen Dank für das Angebot bei deinen Portraits zur Allgäuer Kletterszene mitzuwirken. Das freut mich sehr, vielen Dank!

Das Schlüsselereignis zum Leben als Kletterer war eine Biwaktour zum Schrecksee mit meinem Jugendfreund Rudi. Wir verbrachten dort oben am Schrecksee unsere erste Nacht in den Bergen. Am nächsten Tag wanderten wir über das Rauhhorn bis zum Bschießer und weiter ins Tannheimer Tal. Am Rauhhorn braucht man an einer Stelle kurz einmal die Hände. Diese leichte Kletterei gefiel mir so gut, dass ich beschloss mit dem Klettern anzufangen. Von diesem Zeitpunkt an war meine Kletterlust geweckt.

Ich nehme an, du bist schon sehr früh in Alpine Touren eingestiegen. Was habt ihr damals geklettert?

Angefangen habe ich am Grünten. Stuhlwandkamin und Hörnlekante. Dann ging es natürlich in die Tannheimer, danach Schneck und Trettach. Im zweiten Kletterjahr waren wir schon in den Dolomiten unterwegs, die unsere zweite Heimat wurde.

Das legendäre Pause Buch „Im Extremen Fels“, kannte ich zu der Zeit schon auswendig, wobei mir dort in unserer Anfangszeit zwei Touren besonders in Erinnerung geblieben sind. Dies war eine sehr frühe Begehung der “Carlesso Sandri” am Torre Trieste und der “Andrich Fae” an der Nordwestwand der Civetta. Ich war damals 17, mein Bruder Michael erst 15 Jahre alt. Unser Vater beobachtete die Aktionen von unten mit dem Fernglas, wie wir unsere ersten großen Kletterabenteuer in den ernsthaften Wänden der Civetta bestanden.

Die „Pepperfreaks“ scheinen in deinem Leben auch eine entscheidende Rolle gespielt zu haben. Kannst du die näher beschreiben und wie bist du zu ihnen gekommen?

Beim Alpenverein in Immenstadt gab es zu dieser Zeit keine Kletterszene. Da waren nur Leute mit Bundhosen und Bergschuhen, die wir etwas abfällig „Altbergsteiger“ nannten. Wir aber waren jung, wild und wollten genau das Gegenteil eines Altbergsteigers sein. Und da waren die Pepperfreaks, ein wilder Haufen fanatischer Kletterer. Unser Religionsbuch war das Buch „Schlüsselstellen“. Ein Buch über die anarchische Kletterszene in England der sechziger Jahre. Dort wurde geklettert, getrunken und geraucht, alles andere war total unwichtig. So wollten wir auch leben. Und teilweise haben wir das auch so gemacht. Am Wochenende wurde geklettert. Am Montagmorgen kamen wir total fertig in die Arbeit, um bis Mittwoch Abend zum Stammtisch wieder fit zu sein, um neue Touren zu planen.

Ich kann mich noch gut erinnern wie ich die Aufnahmeprüfung bei den Pepperfreaks machen musste: Ich war eines Abends in Immenstadt im Jugendheim, als Manni und Wernockt auftauchten. Sie überredeten mich, mit heim zu kommen. Ich erinnere mich bloß noch, dass ich nach der Ess- und Schnupfprüfung die fünf Bier in mich hineingeschüttet hatte. Danach lag ich total am Ende unter Manni‘s Küchentisch, aber nun war ich ein Pepperfreak …

Um die Pepperfreaks ranken sich einige makabre Stories. Kannst du etwas davon erzählen?

Seit der Gründung der Pepperfreaks treffen wir uns jeden Mittwoch in der Pilsbar in Immenstadt. Der Mittwoch war genau der richtige Tag. Vom Wochenende hatte man sich schon wieder soweit erholt und man konnte gleich wieder Pläne für das kommende Wochenende machen. Zu dieser Zeit haben wir ziemlich viel getrunken und mancher Stammtisch endete nach der Sperrstunde in Manni‘s Wohnung.

Dort wurde dann mit Wurfpfeilen gespielt, wobei jede Menge widerlicher Sachen ausgespielt wurden. Einmal musste ich Cayenne-Pfeffer mit Mehl gemischt löffeln und wäre daran fast erstickt. Donnerstag zur Frühschicht kam dann meist das böse Erwachen. Zum Schlafen hatten wir uns immer ein ganz besonderes Ritual zurecht gelegt. Manni schwörte darauf: Wir schliefen auf dem harten Fußboden, so kamen wir am Morgen besser raus. Makabre Stories gäbe es genügend, die bleiben aber intern, versteht sich ?

Aber ihr wart sicher auch viel beim Klettern …

Klar! Es gab eigentlich nur ein Thema: Klettern, klettern, klettern …

Gibt es die Pepperfreaks eigentlich immer noch?

Wir haben jede Menge neuer Mitglieder und es sind alles gute Kletterer(innen), was mich sehr freut!

Im Laufe der Zeit hast du ja dann einige der großen Alpenwände durchstiegen. Was waren deine Highlights?

Auweia, da gibt’s so einiges!

Meine Lieblingswand war lange Zeit die Civetta Nordwestwand: Solleder, Phillip-Flamm, Andrich-Fae, Weg der Freunde, Aste-Susatti … Dann habe ich die meisten Routen am Torre Trieste geklettert. Ein unglaublich toller Turm auf der Sonnenseite der Civetta. Ein Highlight war sicher eine sehr frühe Wiederholung der Via Niagara an der Pordoispitze. Die war damals berüchtigt und da waren so gut wie keine Haken drin. Die Tour hat mir so gut gefallen, dass ich sie gleich dreimal geklettert bin.

Klar, dann natürlich die Marmolada Südwand. Zweimal Moderne Zeiten, den Fisch, Schwalbenschwanz, Don Quixote, La Mancha, die Vinatzer-Messner und die Pause Klassiker. Besonders schön habe ich die Wendenstöcke in Erinnerung, wie zum Beispiel die Blaue Lagune. In Chamonix der Walkerpfeiler, die Dru Westwand und so einiges mehr … Alle möglichen Zinnen Nordwände: Cassin, Hasse Brandler und die Comici mit meiner Frau. Aus dem Pause-Buch habe ich bisher leider nur 50 Routen geschafft …

Die Marmolada-Südwand scheint dich besonders anzuziehen, besonders die „Moderne Zeiten“. Wie hast du die Tour damals erlebt?

Entschuldige, aber bei dieser Route muss ich ein wenig ausholen …

Mit Michael Kühnl – genannt Kuno – fuhr ich im Sommer 1990 in die Dolomiten. Er kam aus Hindelang und war ein sehr guter Kletterer. Wir hatten zwar noch nicht viel zusammen gemacht, aber es passte ganz gut. Wir waren in der Sella unterwegs und kletterten dort ein paar Routen. Das Wetter war stabil und keine Gewitter waren in Sicht. Ich schlug Kuno vor, die Moderne Zeiten an der Marmolada zu probieren. Er war zwar ein guter Kletterer, aber von Alpingeschichte hatte er keine Ahnung. Er wusste weder, wer Heinz Mariacher ist, noch was diese Tour für einen Status unter den Alpinkletterern hatte. Als ich ihm erklärte, was es mit dieser Route auf sich hatte, war er sofort begeistert.

Also fuhren wir noch am gleichen Tag zur Marmolada und stiegen zum Rifugio Falier auf. Wir hatten noch genügend Zeit und in einem Bericht hatte ich gelesen, dass es Sinn macht die erste Seillänge schon am Abend zuvor zu klettern und die Seile dann für den nächsten Tag hängen zu lassen.

Wir schlappten gemütlich zum Einstieg und kletterten den Vorbau hinauf. In der Nachmittagssonne war die erste schwere Seillänge kein Problem. Beängstigend leichtfüßig kletterte Kuno ganz locker hinauf. Die nächste Seillänge schaute auch nicht gerade leicht aus und wir hängten unserer Seile gleich noch eine Seillänge weiter hinauf. Zufrieden seilten wir ab, deponierten unsere Rucksäcke und stiegen wieder zur Hütte hinab.

Der nächste Morgen war saukalt, bereits um sechs Uhr kletterten wir los und es war genial, dass wir die ersten beiden Seillängen bereits am Vortag fixiert hatten. Nach und nach kamen wir höher. Ich kannte das legendäre Foto von Luisa Jovane in roter Faserpelz-Jacke und -Hose mitten in der berühmten Wasserrille. Ich war begeistert, eine absolute Traumroute. Am frühen Vormittag kamen wir schon zum großen Band. Wir waren gut in der Zeit, hatten bis jetzt alles auf Anhieb gefunden und gingen sofort den oberen Wandteil an.

Ich kannte Heinz Mariacher‘s Erlebnisbericht der Erstbegehung in- und auswendig. Der Linksquergang um die überhängende Kante an den kleinen Griffen und die Hammer Gipfelwand. Alle berühmten Kletterstellen kannte ich im Vorfeld schon auswendig. Von Ingrid, einer Bekannten aus der Steiermark, hatten wir für die Gipfelwand einen guten Tipp bekommen: Vor der Gipfelwand sollten wir uns nach rechts Richtung einer blauen Schlinge orientieren, davor aber gerade hinaufklettern. Der Tipp war goldwert, ohne Probleme fanden wir in der ganzen Tour auf Anhieb durch. Gerade die richtige Originallinie durch die Gipfelwand zu finden, ist in dieser Route nicht ganz einfach.

Am Beginn der Gipfelwand hatte Kuno plötzlich Probleme mit den Armen bekommen. Er hatte Krämpfe und bat mich die letzten zehn Seillängen der Gipfelwand vorzusteigen. Zuerst die Wand mit den Kristallgriffen. Dann der schlechte Standplatz an einem Mini-Profilhaken und einer Mini-Sanduhr. Die geile Seillänge mit dem kleinen Querdach. Ich war so motiviert, die Route frei zu klettern, ich hätte an diesem Tag jeden Haken angespuckt, bevor ich in einen hineingegriffen hätte. Als ich in der kleinen Gufel vor der letzten Seillänge unter dem Gipfel saß, konnte ich es kaum fassen. Es war einer der emotionalsten Augenblicke meines Kletterlebens. Mit Tränen in den Augen sicherte ich Kuno nach. Ich hatte „Moderne Zeiten“ geklettert, komplett frei und wir waren schnell. Wir waren so souverän unterwegs, dass wir sogar noch ganz locker die Gondel erreichen würden.

Ich blickte hinunter zum großen Südwandband. Die nachfolgenden Seilschaften hatten es bei weitem nicht drauf, sie querten alle in die benachbarte Gogna-Route hinaus. Und das ist auch bis heute noch so geblieben. Nur die allerwenigsten Seilschaften haben es drauf, die Modernen Zeiten in einer ordentlichen Zeit zu klettern.

Die letzte Länge war leicht, ich bat Kuno trotzdem, ob ich auch diese noch vorsteigen durfte. Er willigte ein und ich kletterte wie in Trance die letzte leichte Seillänge zum Gipfel hinauf. Die Civettawand leuchtete in der Nachmittagssonne, es war ein gigantischer, wolkenloser Tag, es war DER Klettertag meines Lebens.

Ich war ziemlich froh, dass wir die Seilbahn noch bekommen hatten, denn ich hatte am nächsten Tag Frühschicht. Auf der Heimfahrt wechselten wir uns mit dem Fahren ab und als ich am nächsten Morgen pünktlich zur Arbeit mit meinen geschwollenen Fingern angetreten bin, konnte ich es immer noch nicht fassen, wie gut alles gelaufen war.

Du hast ja auch den „Fisch“ durchstiegen. War bestimmt der Hammer …

Beim „Weg durch den Fisch“ war ich mit Michael und Reiner Treppte unterwegs, zwei absolute Top Alpin-Kletterer. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Michael den Quergang mit den weißen Streifen vorgestiegen ist. In traumwandlerischer Sicherheit querte er in die haltlosen Platten. Wer so einen außergewöhnlichen Kletterpartner hat, kann einfach nur stolz darauf sein!!! Die kompakte Plattenwand rund um den Fisch ist das Tollste an Fels, was ich jemals gesehen habe. Und das geplante Biwak auf dem großen Band mit Reiner und Michael war herrlich.

Früher warst du ja eher der ängstliche Typ, beim Baum-Klettern sind alle anderen immer weiter hinaufgestiegen. Das scheint sich gelegt zu haben. Wie hast du es geschafft die Angst abzubauen und in so anspruchsvolle Touren wie an der Marmolada einzusteigen?

Ich bin bis heute ein sehr ängstlicher Typ geblieben, da hat sich nichts geändert. Bis ich mich entschließe, in eine große Alpenwand einzusteigen, dauert es. Wenn es dann so weit war, sind wir immer sehr souverän durchgekommen. Und wir haben immer Top Bedingungen abgewartet, sonst hätte ich mir das nicht getraut. Das waren Zeiten, in denen wir unglaublich viel unterwegs waren und dadurch mit viel Reserven, meist ziemlich schnell, durch die Alpenwände geklettert sind. Auf Harakiri-Unternehmungen habe ich mich nie eingelassen.

Vorsicht am Berg steht bei dir an erster Stelle. Soviel ich weiß, ist dir auch nie was passiert. Kannst du erklären, worauf es ankommt, möglichst unfallfrei in den Bergen unterwegs zu sein?

Respekt! Du darfst niemals den Respekt verlieren. Egal, ob das bei einer Wanderung an der Nagelfluhkette, in einem Siphon beim Höhlentauchen, oder in der Civetta Nordwestwand ist. Man muss sich frei machen von Termindruck und Zwängen und man muss auch mal Nein sagen können. Manche Routen brauchen einfach ihre Zeit. Man kann aber auch jederzeit Pech haben. Es gehört natürlich auch Glück dazu, solange unfallfrei zu bleiben.

Haben dich eigentlich kombinierte Touren auch jemals gereizt? Ich meine Chamonix usw …

Ich habe schon gelegentlich in den Westalpen geklettert. Walkerpfeiler, Dru Westwand usw. Tolles Ambiente, sehr schöne Berge! Aber der Rummel in Chamonix und die Materialschlacht haben mir nie getaugt. Meine Welt waren die großen Dolomitenwände, mit Turnschuhen zum Einstieg, ein kleiner Rucksack und wo gibt es einen besseren Fels?

Du hast ja schon sehr früh mit Alpinen Erstbegehungen angefangen. Wo wart ihr damals unterwegs?

Unsere ersten neuen Routen haben wir im Lechtal an der Fallenbacherspitze gemacht. Das komplette Tal war damals so gut wie unerschlossen. Dann kamen die Rote Platte, Freispitze und bei uns im Allgäu der Schneck dazu.

Ich nehme an, der Stil war damals noch clean, also ohne Bohrmaschine …

Am Anfang waren wir natürlich nur mit Klemmkeilen und Normalhaken unterwegs. Anfang der neunziger Jahre haben wir dann das meiste an Neutouren mit Bohrhaken saniert.

Mein Eindruck ist, die Lechtaler Alpen haben es dir besonders angetan. Was reizt dich an diesem Gebiet eigentlich so sehr?

Manchmal werde ich darauf angesprochen und auch gelegentlich dafür belächelt. „Warst du schon wieder im Lechtal, hast du schon wieder die gleichen Touren geklettert?“ werde ich gefragt. Nein, ich war an meinem Lieblingsplatz, habe dort zusammen mit Conny oder Freunden unglaublich schöne Tage verbracht, habe dort im rauen Rätkalk geklettert, haben dort gemeinsam gekocht, Bier getrunken und sind abends am Lagerfeuer gesessen. Der Bartgeier und die Steinadler kreisen um die Gipfel, man kann Steinböcke beobachten und total einsame Tage dort oben verbringen. Ich kann eigentlich nie genug davon bekommen.

Was war das für eine unglaubliche Zeit, anfangs der achtziger Jahre, als wir zum ersten Mal dort oben waren. Wir trafen auf unberührte Felswände aus feinstem Rätkalk. Niemand hatte sich bis dahin dafür interessiert. Zuerst haben wir die klassischen Linien erstbegangen und danach die modernen Routen in den Plattenzonen dazwischen.

Vielleicht ist der Fels an der Fallenbacher nicht ganz so kompakt wie an der Freispitze. Aber die Fallenbacher ist dafür lieblicher, die Wände kürzer, der Abstieg einfacher. Gerade im Spätherbst kann man dort oben unvergessliche Klettertage verbringen. Und man hat nach der Tour noch genug Zeit zum Schauen, zum Beieinandersitzen und ein Bier zu trinken.

Über viele Jahrzehnte haben wir dort oben unser Abenteuer gefunden und bis heute ist noch Platz für Erstbegehungen geblieben. Ich gehe heute fast noch leidenschaftlicher dort hinauf als früher. Bis heute interessiert sich fast niemand für unsere Lieblingsgebiete und das ist auch gut so …

Deine Erstbegehungen an der Roten Platte im Lechtal scheinen besonders interessant zu sein …

Fast 20 Jahre sind wir auf dem Weg zur Fallenbacherspitze an dieser Wand vorbeigelaufen. Der gewaltige Westpfeiler der Roten Platte ist das Schaustück der Lechtaler Alpen. Peter Heel, Erstbegeher der Freispitz Südwand, hatte mir einmal von einem Versuch in der Wand erzählt. Und es gab eine alte Tour von Wolfgang Mayr aus Pfronten im ganz rechten Teil der Wand. Der zentrale Wandteil dagegen, war im Jahr 2000 noch völlig undurchstiegen.

Wolfi Hofer und Dieter Elsner hatten zu dieser Zeit schon etliche Erstbegehungen am Heelzapfen auf der anderen Seite der Roten Platte gemacht. Der Fels war dort hervorragend und am Westpfeiler sah er genauso gut aus. Ich musste also unbedingt da rauf. Zwei Erkundungstouren mit Conny und ein Materialtransport waren der Anfang. Am Hinkelstein, dem einzig sicheren Ort in der gewaltigen Flanke unterhalb der Wand, hatten wir einen schönen Biwakplatz einrichten können. Das war ganz nach meinem Geschmack: Ein neues Projekt, super Fels mit Biwakieren und das in dieser gewaltigen, fast 500 Meter hohen undurchstiegenen Felswand.

Der erste Versuch mit Michael war vielversprechend. Nach einem alpinen Start in rotem Fels, dem gewohnten Traumfels. In mehreren Anläufen verwirklichten wir unsere bis jetzt längste Erstbegehung: Der „Weg der Bunten Steine“. 13 Seillängen, mit über 100 Bohrhaken, eine gut abgesicherte Traumkletterei in bestem Fels.

Nach dem „Weg der Bunten Steine“ sahen wir uns die rechte Kante der Roten Platte genauer an. Eine absolute Traumlinie und für mich ist diese Tour die Schönste, die ich je erstbegehen durfte. Mein absolutes Highlight in Sachen Erstbegehung. Zusammen mit Michael, Reinhard Hones und Dieter Elsner entstand dann der „König der Lüfte“. Diese Tour macht ihrem Namen alle Ehre und hat das Zeug zum absoluten Ultraklassiker.

Ihr wart neuerdings auch an der Lechtaler Wetterspitze aktiv. Der Berg ist ja klasse. Kannst du eure Neutour näher beschreiben?

Das ist eine klassische alpine Linie mit allem was dazu gehört. Platten, Verschneidungen, Risse und Kamine. Eigentlich verrückt, dass sowas überhaupt noch undurchstiegen rumgestanden ist! Der Fels ist meist sehr gut, aber die Route anspruchsvoll, mit zum Teil weiten Hakenabständen. Sie trägt die Handschrift von Michael und Daniel Drexel. Ich war da nur Statist …

Verfolgst du eigentlich eine bestimmte Ethik bei deinen Erstbegehungen? Ich meine bezüglich der Absicherung …

Das wechselt sehr stark. Mit Toni Steurer habe ich vor ein paar Jahren eine alte Erstbegehung von uns am Schneck – die „Schöne Zeit“ – saniert und verlängert. Dort haben wir ganz bewusst enger gebohrt als gewöhnlich, um eine wiederholer-freundliche Route zu schaffen. Dann haben wir auch wieder anspruchsvollere Routen hinterlassen, das kommt immer auf das Gelände an. Mobile Sicherungen mag ich nur dort, wo sie auch wirklich gut anzubringen sind und auch halten!

Ich bewundere die Erstbegehungen des leider schon verstorbenen Vorarlbergers Lothar Brunner sehr. Er hat es besonders gut verstanden, Haken an den richtigen Stellen zu platzieren. In seinen Routen kommt das Klettergefühl richtig auf. Man muss wegsteigen, es riecht nach Abenteuer, aber an den wichtigen Stellen steckt dann doch immer etwas.

Ich denke, du bist eher der „alpin-ambitionierte“ Typ. Was hältst du eigentlich von Plaisirtouren? Die gibt es ja mittlerweile wie Sand am Meer …

Ich klettere sehr gerne in gut gesicherten Routen. Ich genieße zum Beispiel die neuen Routen rund um Arco sehr. Am Angelone oder das Massiv von Mandrea. Hier kann man stresslose, herrliche Klettertage genießen, das ist schon sehr schön. Meiner Meinung nach, sollte man den Erschließern dort einen Orden verleihen. ? Meine Kinder klettern auch und ich bin schon froh, wenn sie Routen klettern, die ordentlich gesichert sind und sie sich nicht, wie wir früher, in den schlecht gesicherten Wänden der Civetta herumtreiben.

Wie stehst du zur Sanierung alter Klassiker? Sollte man die nicht so belassen, nach dem Motto „Relikte müssen erhalten bleiben“?

Das kommt darauf an, ob sich die Tour – gerade an den Standplätzen – mit mobilen Sicherungsmitteln gut verbessern lässt. Wenn ja, dann muss nicht zwingend saniert werden. Aber in Gebieten, wo die Normalhaken durchgerostet sind und man nichts verbessern kann, finde ich es schon gut, wenn saniert wird.

Die Klettergärten auf der Grünten-Südseite gehen ja auch auf dein Konto. Welche Gebiete hast du da erschlossen?

Ich hatte das Glück, die Nasse Wand, den Rossberg, Stuhlwand und in der Starzlachklamm genügend Neuland zu finden. Das waren schon tolle Zeiten.

Bei Erschließungen gibt es ja oft Probleme. Waren die Jäger damals toleranter?

Die Jägerschaft ist leider sehr intolerant, früher wie heute, da hat sich nichts geändert. Wir haben oft schlechte, aber manchmal auch gute Erfahrungen gemacht. Vielleicht wird das ganze ja mal besser, wenn alle Seiten einsehen, dass wir alle Naturnutzer sind und jeder eigentlich nur seiner Leidenschaft nachgeht.

Ich habe den Eindruck, dass du ambitionierter Felskletterer bist. Haben dich die klassischen hohen Berge oder gar der Karakorum bzw. Himalaya nie gereizt?

Wenn ich das Geld dazu gehabt hätte, hätte ich schon gerne mal in diese Richtung was gemacht. Aber Familie hatte bei mir immer Vorrang. Außerdem bin ich ein verkappter Öko und fliege nur ganz, ganz selten. Ich war schon manchmal neidisch auf Michael, der sich seine Träume am El Capitan, am Fitz Roy oder am Nanga Parbat verwirklichen konnte.

In den letzten Jahren hat man oft von deinen Bergfilmen gehört. Wie bist du eigentlich zum Filmen gekommen?

Zur Filmerei bin ich durch Gerhard Baur gekommen, den ich 1994 beim Drehen im Hölloch kennengelernt habe. Mir haben Gerhard‘s authentische und seine nicht reißerische Art des Bergfilms immer schon gefallen. Nach Jahren als Helfer bei einigen seiner Filmprojekte, wollte ich das selber mal versuchen. Filme über das Allgäu gibt es ja genug. Meist handelt es sich aber um die gleichen Themen: Tourismus, Alpwirtschaft, den Viehscheid oder Filme über die bekannten Höhenwege und Hütten. Mich interessierte aber eher das ursprüngliche Bergsteigen im Allgäu. Auch hat das extreme Bergsteigen im Allgäu eine interessante, oft schon vergessene Geschichte.

Was macht dir eigentlich Spaß daran? Ich denke der Aufwand ist doch groß, man investiert richtig viel Zeit, oder?

Was mir daran besonders gefällt ist, dass man sich mit unglaublich viel Technik auseinandersetzen muss. Kameraführung, Kameratechnik, Schnittsoftware, Licht, Ton und vieles mehr. Man muss schon sehr vielseitig sein, um am Ende einen brauchbaren Film ganz alleine hinzubekommen.

Ein neues Filmprojekt ist auch immer eine besondere Herausforderung. Man recherchiert und beschäftigt sich über längere Zeit intensiv mit einem Gebiet. Meist lernt man dabei auch interessante Leute kennen. Hat man die Filmaufnahmen dann im Kasten, kann man das ganze daheim am Rechner beim Schnitt noch viele Male wieder erleben. Es sind bleibende Erlebnisse und jetzt schon viele wunderschöne Erinnerungen.

Gute Filmaufnahmen hinzubekommen, bedeutet früh aufzustehen, oder abends lange am Berg zu bleiben. Deswegen ist man wegen den Filmarbeiten auch oft auf Biwaks angewiesen, was ja genau meine Sache ist. Es waren ganz besondere Momente und Stimmungen, die mir gerade in den eiskalten Winternächten auf den Gipfeln von Trettach, Höfats oder am winterlichen Krottenspitzengrat in Erinnerung geblieben sind.

Mittlerweile liegen 20 abenteuerliche Jahre ALLGÄUFILM hinter uns und wir sind uns im Filmteam alle einig: Es war eine spannende, erlebnisreiche Zeit und viele besondere Aktionen wären ohne die Filmerei niemals zustande gekommen. Ganz entscheidend für die ganzen Ergebnisse der letzten 20 Jahre war natürlich das Filmteam. Ohne Michael, Manni, Flo und meine Familie hätte es mir überhaupt keinen Spaß gemacht. Und wenn die irgendwann keine Lust mehr haben, werde ich das ganze hinschmeißen.

Welche Filme hast du bisher gedreht?

Da hat sich inzwischen ganz schön was angesammelt …

Der erste Film war am Schneck Die vergessene Wand, dann der Film Freispitzsommer. Das war eine herrliche und sehr intensive Zeit rund um die Freispitze. Da wurde ich fast zum Schafhirten. Dann UNTER NULL – Winterbergsteigen im Allgäu, mit der zweiten Winterbegehung der Höfats Nordwand und unglaublichen Biwaks auf der Trettach und am Krottenspitzengrat. Danach der Film über die Nagelfluhkette Auf der Spur der runden Steine mit meinen Kindern. Das sind inzwischen schöne Erinnerungen! Auf schmalem Grat, da ging es um die winterliche Höfatsüberschreitung und danach 1 Tag – drei Jahreszeiten, die bekannte Frühjahrs Skitour auf den großen Wilden.

Dann der zweite Film über’s Klettern im Lechtal Luft unter den Sohlen und der Film über das Meteora Türme zum Himmel. Dort durfte ich Dietrich Hasse und Lothar Stutte kennenlernen, was mich besonders gefreut hat und mir eine große Ehre war! Das Hölloch war auch ein paar mal Thema. Highway to Hell – Eisklettern im Hölloch, dann: Skitour in die Unterwelt und für Arte HÖLLOCH – Abenteuer in der Unterwelt. Der letzte Film MYTHOS Schneck Ostwand liegt mir besonders am Herzen. Das war mir ganz wichtig, zum hundertjährigen Jubiläum diesen Film zu machen, kombiniert mit der Geschichte des Edelweißposten am Laufbachereck.

Das Thema „Hölloch“ im Kleinwalsertal kommt in deinen Filmen immer wieder vor. Da hast du bestimmt auch schon viele Tage verbracht. Kannst du das Projekt näher beschreiben und habt ihr eigentlich schon einen Höhlen-Ausgang gefunden?

Wie kommt man als fanatischer Kletterer zur Höhlenforschung? Man wird ja von den Bergsteigern oft für diese Leidenschaft belächelt … Mich haben aber neben dem Bergsteigen, unsere heimischen Höhlen schon immer fasziniert. Die Landschaft des Gottesacker-Plateaus ist fantastisch, geheimnisvoll und es ist ein großes Abenteuer unterirdisch dem Weg des Wassers zu folgen. Sich in dieser lebensfeindlichen Umgebung zu behaupten ist eine große Herausforderung und mit der ganzen Ausrüstung durch einen glasklaren Siphon zu schweben, ist ein unbeschreibliches Gefühl.

Man staunt und begreift da unten die gewaltigen Zeiträume der Entstehung und wie klein und unwichtig wir Menschen eigentlich sind. 1990 kam es zu meinem ersten Besuch im Hölloch. Das Hölloch war damals 1095 Meter lang und galt als gründlich erforscht. Ich konnte mir damals nicht vorstellen, dort nur einen einzigen Meter neue Gänge zu finden. Aber alles kam anders. Inzwischen ist das Hölloch unter den zehn längsten Höhlen Deutschlands vertreten, hat über 12 Kilometer Länge und ist von den Gesamtansprüchen eine der aufwendigsten und schwierigsten Höhlen Deutschlands.

Einmal im Jahr, meistens im Winter, begann für uns eine einwöchige Reise in die entlegenen Teile des Höhlensystems. Es ist ein abenteuerlicher Weg vom 76 Meter tiefen Eingangsschacht bis in die tagfernen Höhlenteile. Mehrere Tauchstrecken, Kletterpassagen, Abseilstellen und diverse Engstellen müssen dabei überwunden werden. Auch wenn mir letztendlich das Bergsteigen immer wichtiger war, als die Höhlenforschung: die Zeit im Hölloch, ist für mich eine ganz besondere Zeit in meinem Leben als Bergsteiger gewesen. Die ganzen Abenteuer, die ich hier erleben durfte, sind unvergesslich.

Zu deiner Frage nach dem Ausgang: Ganz unten im Mahdtal befindet sich der zweite Eingang. Er wurde durch Peilung entdeckt und ausgegraben. Er ermöglicht mittlerweile einen schnellen Zugang in die entlegenen Höhlenteile. Allerdings ist mit diesem Zugang ein großer Teil des Abenteuers im Hölloch verloren gegangen.

In der Schneck-Ostwand hast du ja auch schon gedreht. Warum beschreibst du diesen Berg als „Mythos“?

Als ich 1980 mit dem Klettern begonnen habe, war die Schneck Ostwand noch etwas ganz besonderes. Sie zu durchsteigen, war eine Herausforderung und auch eine Leistung. Dann die Erstbegehung von Phillipp Risch 1922, mit nur drei Haken. Das muss man sich einmal vorstellen! Dann gelingt 11 Jahre keine Wiederholung. Anderl Heckmair verglich die Schwierigkeiten mit der Comici an der großen Zinne. Etwas Besonderes ist auch das Wandbuch. Wo kann man in den Alpen in hundert Jahren Klettergeschichte blättern? Da kommt viel zusammen. Die Wand, der Berg, haben eine tolle Geschichte. Die Form und die Vegetation sind einzigartig. Für mich mein absoluter Lieblingsberg!

Deine Filme sind ja mittlerweile schon ziemlich bekannt, auch über’s Allgäu hinaus. Die Film-Veranstaltungen sind regelmäßig ausverkauft und wie bereits erwähnt, hast du auch schon mit einem TV-Sender zusammengearbeitet …

Ja, die Filmabende im Allgäu sind immer ganz gut gelaufen. Das freut mich natürlich schon. Für ARTE durfte ich die dreitägige Durchquerung des Hölloch drehen. Das war ein tolles Projekt.

Ganz nebenbei fliegst du auch mit dem Gleitschirm durch die Gegend oder bist beim Canyoning unterwegs. Lässt sich das zeitlich mit dem Klettern und Filmen vereinbaren?

Ich habe zum Glück eine Arbeit, die mir Freude macht und mir dabei auch noch viel Freizeit lässt. Canyoning ist ein schöner Ausgleich zum Klettern und ideal für die ganze Familie, das machen wir schon noch gelegentlich. Das Gleitschirmfliegen habe ich schon längere Zeit aufgehört, alles geht dann doch nicht!

Irgendwann hast du auch den Bergführer gemacht. Was hat dich eigentlich dazu bewogen?

Das war so eine Idee von Michael. Als er 2004 erfolgreich vom Nanga Parbat zurück kam, wollte er den Bergführer machen. Er hatte dort Michi Wärthl kennengelernt, der die Expedition geleitet hatte und es ihm vermutlich schmackhaft gemacht hatte. Kurzentschlossen machte ich mit. Die Ausbildung war eine schöne Zeit, aber mir war damals schon klar, dass ich in den Bergen lieber mit Freunden und Familie unterwegs sein will.

Führst du oft und welche Erfahrungen hast du dabei gemacht?

Seit einigen Jahren mache ich gar nichts mehr. Ich glaube auch, dass ich kein guter Bergführer war. Mir fehlte einfach die Geduld dafür. Da ging mir alles zu langsam. Dann die überfüllten Hütten, es war einfach nicht meine Welt.

Auf deiner Internetseite https://www.allgaeufilm.de/index.php/ueberuns/positionen liest man unter dem Menüpunkt „Positionen“ über die Kriminalisierung des Bergsteigens. Was meinst du damit?

Da geht es nicht um die Kriminalisierung des Bergsteigens, sondern ums Biwakieren, ums Mountainbiken usw. Da haben wir aus dem Filmteam einiges zu Papier gebracht, was uns bewegt. Das Ganze ist ja noch Online und wen es interessiert, kann es sich durchlesen. Über ein Feedback dazu – egal von welcher Seite – würden wir uns natürlich auch freuen.

An manchen Stellen wird die Natur immer mehr belagert. Nehmen wir das Thema „Schrecksee“. Da wird gebadet, gefeiert, gegrillt und anschließend in den Sozialen Medien gepostet, der Andrang wird dadurch potenziert. Sollte man solche Auswüchse nicht irgendwie regeln?

Die Medien übertreiben immer. Da werden auch falsche Informationen in Umlauf gebracht. Was manchen sehr recht ist. Vielleicht war da oben viel Betrieb, aber wenn der Wille da wäre, könnte man Regelungen treffen, die für alle gut sind. Wenn der Schrecksee so heilig ist, dürfte man auch keine Alpwirtschaft dort oben betreiben. Wir haben andere Probleme!

Soviel ich weiß, befürwortest du trotz „Freiheit in den Bergen“ die Lenkung der Skitouren durch Hinweistafeln bzw. Richtungspfeilen. Das scheint ja gut zu funktionieren …

Ja sicher, Skitouren boomen und da macht es schon Sinn in den sensiblen Bereichen. Ich glaube, bei uns wurde das ganz gut geregelt. Es besteht noch genügend Freiraum zum Skifahren und die Wald-Wild-Schongebiete machen schon Sinn. Andererseits: die Winter werden schlechter, die Vegetation beispielsweise an der Nagelfluhkette immer dichter. Das würde sich auch von selber regeln.

Stichwort Hoher Ifen: Klettern mittwochs und sonntags von 10 bis 16 Uhr erlaubt. Lange Zeit umstritten, aber mittlerweile scheinst du diese strenge Regelung zu akzeptieren …

Da habe ich kein Problem damit. Hauptsache man darf da noch klettern. Nach einem Ifen-Klettertag bin ich eh platt und brauche keinen zweiten …

Hat sich die Erfahrung und das Verhalten der Menschen am Berg eigentlich verändert? Heutzutage passieren so viele Unfälle, die eigentlich hätten vermieden werden können …

Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich die Leute nicht bewusst sind, was sie da gerade so machen. Das Gespür für Gefahren scheint oft nicht vorhanden zu sein, dabei kann man sich heutzutage perfekt vorbereiten und informieren.

Als Mitbegründer der IG-Klettern-Allgäu kennst du dich mit dem Vogel- und Naturschutz auch gut aus. Gibt es da im Allgäu viel zu regeln?

Mir ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Kletterern und Naturschützern sehr wichtig. Gerade am Vogelschutz liegt mir persönlich sehr viel. Als Jugendlicher habe ich viel Zeit im Wald verbracht, habe Vögel beobachtet und mich schon immer dafür eingesetzt. Im Moment läuft es auch sehr gut, wir haben wenig Probleme.

Das liegt aber auch an umgänglichen Leuten auf der Naturschutzseite und auch an Leuten wie du. Du kümmerst dich ja zum Beispiel um den Gigglstein und sperrst bei Bedarf Sektoren selbständig ab, ohne dass dir das jemand vorschreibt. Das Gleiche machen wir ja am Rossberg, der Nassen Wand und der Stuhlwand. Da können wir uns schon was darauf einbilden. Schließlich sind wir Kletterer nicht schuld daran, dass viele Raubvogelarten auf der Roten Liste stehen. Das muss sich schon die Jagd und auch die Landwirtschaft beim Einsatz von Pestiziden ankreiden lassen.

Das Naturerlebnis steht bei dir oft im Vordergrund. Kannst du deine Eindrücke z. B. beim Biwakieren näher beschreiben?

Ein sehr großer und wichtiger Teil in meinem Leben als Kletterer ist das Biwakieren unter freiem Himmel. Als junger Kletterer habe ich natürlich wie alle, das Buch von Reinhard Karl „Augenblicke oben“ gelesen. Dort steht zum Thema Biwakieren: „Schlafen auf Steinen- träumen vom Bett“. Ein berühmter Satz von Reinhard Karl und für mich ein wichtiger Bestandteil des Kletterns.

Das Unterwegs-Sein mit Freunden, das gemeinsame abendliche Kochen und die unzähligen Abende am Lagerfeuer. Der Blick in den Sternenhimmel, mit endlosen Diskussionen über das Weltall und unser Sein. Später waren wir auch oft mit unseren Kindern mit Schlafsack und Isomatte unterwegs. Es war jedesmal etwas ganz Besonderes und ich glaube auch, dass unsere Kinder dabei sehr viel mitgenommen haben. Es sind unvergessliche Erlebnisse, die Menschen prägen und sie für die Natur sensibilisieren und nicht anders herum wie gerne behauptet wird.

Du hast sicher weitere Film- und Kletterprojekte geplant. Welche Alpinen Wünsche würdest du dir noch gern erfüllen?

Ich würde eventuell gerne nochmal an die Marmolada fahren um einen Klassiker zu klettern. Dann auf jeden Fall noch mit meinen Töchtern eine Tour an der Roten Platte, solange ich da noch hochkomme. Als ich für den Meteora-Film ein Interview mit Dietrich Hasse über seine Zeit als Kletterer geführt habe, hat er vollkommen begeistert folgendes gesagt: „Eine schönere Zeit wie die unsere, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen“. Ganz genauso geht es mir damit …

Jürgen, sehr eindrucksvoll, was du bisher alles erlebt hast. Ich wünsche dir weiterhin viele schöne Unternehmungen in den Bergen!