Klettern in Riglos

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Vor einiger Zeit besuchten wir unseren Spanischen Freund Alfonso in Zaragoza. Es war zum Jahreswechsel, weg vom meist unbeständigen Alpen-Wetter, und ab in die Halbwüste Aragoniens, südlich der Pyrenäen. Hier war es zumindest tagsüber angenehm mild, allerdings nicht vergleichbar mit den weitaus wärmeren Küsten-Gebieten um Alicante bzw. El Chorro.

Zunächst fuhren wir ca. 60 Kilometer Richtung Süden, vorbei an Solar- und Windpark-Anlagen, mitten durch eine karge, von der Sommerhitze abgebrannte Gegend. Die Fahrt führte uns durch scheinbar verlassene Dörfer und wir erreichten schließlich die „Morata de Jalon“, einen kilometerlangen Felsriegel mitten in der Pampa. Dort wurden wir von streunenden Hunden und einheimischen Kletterern herzlich empfangen. So ist das in Spanien: man wird bereits nach kurzer Zeit in die Kletter-Szene integriert und ab geht die Party am Fels. Wein und Gras inclusive. Dort erwarteteten uns aber auch unzählige Sportkletter-Routen, scharfkantigen Felsplatten, Kletterei vom Feinsten. Lediglich der Zug von Madrid nach Zaragoza unterbrach gelegentlich die besondere Stimmung und donnerte durch den nahegelegenen Felstunnel, so dass es einen fast aus der Wand blies …

Unser nächster Ausflug führte uns nach „Rodellar“, einem bekannten Kletterspot an den Ausläufern der Pyrenäen. Die Gegend wirkt deutlich „grüner“ und ist idyllisch in einem Flußtal gelegen. Hier befinden sich einige der härtesten Touren auf der Iberischen Halbinsel, und was die Bewertung betrifft, wird einem hier nichts geschenkt. Mit einigen für uns realistischen 6abc-Routen kamen wir trotzdem auf unsere Kosten. Allein das Ambiente in dieser landschaftlich schönen Gegend ist schon ein Besuch wert.

Neben ein paar weiteren regionalen  Gebieten waren die „Mallos de Riglos“ schließlich der Höhepunkt unseres „Weihnachtsurlaubs“.  Die Fahrt von Zaragoza nach Norden: gottverlassen, vereinzelt große Schweinefarmen, vom Bergbau geplünderte Landschaften oder zerfallene Burgen prägen die Landschaft. Richtung Pyrenäen wurde die Gegend wieder zivilisierter und wir näherten uns den einzigartigen Konglomerat-Türmen von Riglos. Bereits aus der Entfernung ziehen sich die Magnesia-Spuren durch die überhängenden Wände. „Nicht nur Magnesia, die großen weißen Flecken stammen von den Nistplätzen der Geier“ klärte uns Alfonso auf. In der Gegend von Riglos wird von den Tierschützern regelmäßig Tier-Kadaver ausgesetzt, um den Bestand der geschützten Greifvögel zu erhalten …

Ankunft in Riglos, dem fast menschenleeren Dorf unter den steil aufragenden  „Mallos“. Um 9 Uhr noch im Schatten gelegen, 0 Grad, wir in Daunenjacken und langen Unterhosen. „Ja, bist du deppert, wie soll man da klettern“, meinte Vincent, unser Youngster. Alfonso lotste uns erstmal ins „Rifugio“ zum Café con Latte. Die Unterkunft wirkte der Gegend entsprechend ziemlich rustikal, Holzofen-beheizt, mit kontrastreicher Wohlfühl-Atmosphäre. Das Personal, sofern man das hier unterscheiden kann, sehr gastfreundlich bzw. aufgeschlossen gegenüber Neulingen. Wenig später schien die Sonne in die Wand und Alfonso führte uns schließlich in wenigen Minuten zu den Einstiegen …

Der erste Blick auf das rötliche, graue Konglomeratgestein erweckt zunächst kaum großes Vertrauen in die Felsbeschaffenheit der Türme. Eigentlich sieht das Ganze wie ein riesiger maroder Bruchhaufen aus. Beim ersten Kontakt stellt man dann aber verwundert fest: Die Kieselsteine halten perfekt zusammen, sind gut abgegriffen und die Kletterei macht richtig Spaß. Flachere Passagen werden immer wieder durch steile Aufschwünge oder Überhänge unterbrochen, teilweise schlangenförmig umgangen. Unglaublich, dass sich in diesen Wänden Routen in relativ moderatem Schwierigkeitsgrad wiederfinden. Die Standplätze sind oft auf geräumigen Bändern, die zur Verschnaufpause einladen. Es gibt auch einige klassische Wege, die typische Verschneidungen und Kamine nutzen. In den schwereren Linien ist allerdings steile, teils athletische Wandkletterei in extremer Ausgesetztheit dominierend.

Die bekannteste Route in Riglos ist wohl „Fiesta de los Biceps“ (7a). Der Name ist Programm: das „Fest der Oberarmmuskeln“ hat seinen festen Platz unter den schönsten Kletterrouten der Welt gefunden. Kein geringerer als Alexander Huber bezeichnete die Wände als senkrechten „Kartoffelacker“ und kletterte von Geiern umkreist die „Roberto Abada de Murciana“ (6c) auf den „Mallo Pisón“ free solo. Wir hingegen begnügten uns mit den Routen „Jose Antonio Sanz“ und „Espandon de Adamelo“, dem geeigneten Einstiegs-Programm an den „Mallos de Riglos“. Über ausgetretene Pfade gelangten wir in kurzer Zeit zum Wandfuß. Von der „Adamelo“ leitet eine Abseilpiste durch die rechte Schlucht hinunter zum Einstieg. Der Abstieg von der „Antonio“ führt mit einer schönen Wanderung über die Rückseite der Türme zurück zum Ausgangspunkt (ca. 45 Minuten).

Schwierigkeit

Es gibt einige relativ humane Routen im 6. bis 7. Schwierigkeitsgrad. Die meisten Kletterwege sind jedoch stark ausgesetzt und es müssen Überhänge bis zum 9. Schwierigkeitsgrad bezwungen werden.

Absicherung

Die leichteren Routen sind gut mit Bohrhaken gesichert. Die schweren Stellen können meist A-Null geklettert werden. In den anspruchsvolleren Linien sind die Abstände etwas weiter und es ist mit zwingenden Kletterpassagen zu rechnen. An den Standplätzen befinden sich oft mehrere Bohrhaken oder Ringe.

Material

Doppelseil, 12 Exen, Abseilausrüstung, Keile und Friends werden nicht benötigt bzw. sind kaum einsetzbar.

Unterkunft

Im „Refugio de Riglos“ gibt es kostengünstige Mehrbettzimmer mit Verpflegung und sanitäre Anlagen. Im oberen Ortsrand befindet sich außerdem ein Restaurant. Ebene Parkplätze für Wohnmobile sind verfügbar.

Topos

Kletterführer „Escalada en los Mallos de Riglos“. Erhältlich u. a. bei www.kletterfuehrer.net oder vorort im Rifugio de Riglos.

Jahreszeit

Am besten im Frühjahr oder Herbst. Im Sommer ist es definitiv zu heiß. Im Winter ist das Klettern gut möglich, allerdings muss man sich dabei unter Umständen warm anziehen.

Anreise

Flug nach Barcelona oder Zaragoza. Mit dem Mietauto Richtung Lleida bzw. Huesca und schließlich über Ayerbe nach Riglos.

 

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1 Gedanke zu „Klettern in Riglos“

  1. Hallo Pat,
    Danke für die Anregung.
    Wir waren die letzten Wochen in Riglos und Morata – der Kontrast könnte nicht grösser sein! Wir sind in Riglos allerdings sehr viel am Pena Rueba auf der anderen Talseite und nicht in Riglos selbst geklettert, Mehrseillängentouren bis 14SL und nicht ganz so senkrecht (für ein älteres Ehepaar steil genug). Es gibt einen neueren Kletterführer vom Gebiet von 2018, Riglos Vertical. Zu Kaufen bzw. einsehen in der Berghütte in Riglos.
    Im Gegensatz zum senkrechten Kartoffelacker von Riglos ist Morata ja ein Paradies für die gepflegte Kalkwandkletterei. Der Führer ist leider von 2011 und total veraltet. Es wurden viele neue Touren erschlossen, bzw. alte Routen saniert. Auch die Beschreibungen in thecrag stimmen oft nicht. Eigentlich kann man nur die Locals fragen, bzw. in die Routen einsteigen, und schauen ob es passt. Die Routennamen wurden an den Einstiegen meist entfernt. Die stark frequentierten Routen an der La Placa sind leider schon ziemlich abgespeckt. Nett fanden wir das improvisierte Cafe am Parkplatz an den Bahngleisen. Leider klettert der Besitzer nicht, und kann keine Infos geben. Doch er hat den alten Führer und eine Mappe mit aktuellen Korrekturen aufliegen.
    Liebe Grüsse aus Bilbao,
    Thomas und Christine

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