Die Südverschneidung an der Roten Flüh zählte vor der Bohrhakenzeit zu den schwierigsten Kletterrouten in den Tannheimer bzw. Allgäuer Alpen. Nicht umsonst wurde sie in Walter Pause’s Sammlung „Im Extremen Fels“ mitaufgenommen. Für die Erstbegeher Kleemaier & Schuster war es 1953 eine beachtliche Leistung mit den damaligen Mitteln das Verschneidungssystem zu bewältigen. Keile und Friends gab es noch lange nicht, so „schlugen“ sie sich mit Normalhaken die steilen Verschneidungen hinauf. Während des Tannheimer „Bohrhakenkriegs“ in den 90er Jahren wurden in der Tour Klebehaken gesetzt und der einstige “Ernst” war Geschichte. Ihr Bekanntheitsgrad lockte im Laufe der Zeit zahlreiche Seilschaften an, die eine ordentliche Politur an manchen Passagen hinterließen. Allen voran am „Gelben Riss“, der zu den bekanntesten Tannheimer Kletterstellen zählt.
Dank der überlegten Sanierung ist die Tour nach wie vor vom „Freiklettern“ geprägt. Es muss mittlerweile schon sehr bedacht geklettert werden, um die einstigen 6er-Stellen erfolgreich zu überwinden. Die glatten Griffe und Tritte in den gelben, fast schon dolomitenartigen Felszonen erhöhen den Schwierigkeitsgrad heutzutage tendenziell in Richtung 7-. In den leichteren Passagen nehmen die Hakenabstände sogleich zu und manch einer ist dann froh, einen Friend an geeigneter Stelle legen zu können.
Was die Orientierung betrifft: um in das markante Verschneidungs-System zu gelangen, müssen im unteren Bereich ein paar einfachere Längen gefunden werden. Bei unserer Begehung verstiegen sich hier einige Seilschaften und landeten prompt in der benachbarten „Via Barbara“, oder sonst irgendwo. Das dichte Routennetz in der Roten-Flüh-Südwand erfordert ein genaues Lesen des Topos, um punktgenau bei den 3 Tannen, dem eigentlichen Beginn der Südverschneidung zu landen. Dort ist die Linie dann relativ klar vorgebeben, lediglich im Gipfelbereich gibt es wieder mehrere Ausstiegsvarianten.
Fazit: Es handelt sich um die vielleicht schönste 6er-Route an der Roten Flüh. Man spürt hier noch den Geist der Erstbegeher, die sich den Weg durch natürlichen Linien, den Verschneidungen, gesucht haben. Man darf sich von der gelegentlichen Politur nicht abschrecken lassen. „Die Tour ist immer noch ein Schmankerl mit vielen erlesenen Kletterstellen“, wie sie im Panico-Führer beschrieben wird.
Die Anzahl der Seillängen variiert je nach Einhaltung der Zwischenstände
1. Seillänge
Über eine Rampe (Einstieg rechts der Gedenktafel) nach rechts ansteigend. Stand an einem Ringhaken (Via Barbara) oder etwas weiter bei einer Sanduhr. Es kann auch über den Direkteinstieg geklettert werden (Einstieg ca. 30 Meter rechts der Gedenktafel). Zwischenstand möglich, gleicher Stand auf der Rampe. (5-)
2. Seillänge
Auf der Rampe weiter nach rechts bis zu einem markanten Kamin aufsteigen. (5-)
3. Seillänge
Über eine schwachausgeprägte Riss-Spur geradeaus empor, später nach rechts auf einen Pfeilerkopf. (5+)
4. Seillänge
Querung nach rechts. Etwas ab- und aufsteigend bis zu einer abgestorbenen Tanne. Stand am Beginn des „Gelben Risses“. (3+)
5. Seillänge
Über den „Gelben Riss“ hinauf, später etwas links zum Stand auf einem Absatz. (6+)
5. Seillänge
Vom Absatz kurze Querung nach links, dann geradeaus weiter durch die erste Verschneidung. Stand auf einem Absatz. (6-)
6. Seillänge
Zuerst leicht nach rechts hinauf, später über die Verschneidung linkshaltend zum nächsten Stand. (6+)
7. Seillänge
Durch eine kurze gelbe Verschneidung (am oberen Ende befindet sich eine Schlinge), danach Querung nach links zum Stand. (6+)
8. Seillänge
Durch die markante Veschneidung und einem Überhang zum Ende der Hauptschwierigkeiten. (6+)
9. Seillänge
Leichte Querung nach links bis zu einem Stand in einer seichten Schlucht. (3+)
10. Seillänge
Vom Stand rechts geradeaus empor bis zu einem Absatz, dem Ende der Tour. (4+). Hier nach links zu einem Pfad, der nach rechts auf den Gipfel führt.
Schwierigkeit
In den Verschneidungen ist die ursprüngliche Bewertung mit maximal 6+ angegeben. Aufgrund der Politur ergibt sich nun die Tendenz zu 7-. Die Längen im unteren und oberen Wandbereich sind deutlich leichter und mit 3 bis 5 zu bewerten. (Insgesamt 6+ obligatorisch).
Absicherung
Die Tour ist mit Klebehaken ausreichend bis gut saniert. In den leichteren Passagen bis zum 5. Grad sind die Hakenabstände etwas weiter. Hier kann gelegentlich mit mittelgroßen Friends dazu gesichert werden.
Ausrüstung
50-Meter-Einfach- oder Doppelseil. 10 Exen, Schlingen.
Talort
Nesselwängle im Tannheimer Tal. Der Parkplatz befindet sich am westlichen Ortsrand.
Zustieg
Auf beschildertem Weg zum Gimpelhaus (ca. 1,5 Stunden). Ca. 50 Meter nach der Hütte linkshaltend über einen ausgetretenen Pfad hinauf zum Hochwiesler. Man quert den gesamten Wandfuß nach links bis unter die Rote Flüh. Der “Direkteinstieg” befindet sich bei einer seichten Verschneidung, ca. 30 m rechts einer Gedenktafel.
Abstieg
Über den beschilderten Normalweg zurück zum Gimpelhaus
Unterkunft
Gimpelhaus www.gimpelhaus.at
Topos
Kletterfüher Allgäu incl. Tannheimer Tal www.panico.de
Webinfo
Bildgallerie