Nach einem erlebnisreichen Kletterurlaub wollte ich es erst mal wieder entspannter angehen lassen. Wolfgang und ich entschieden uns für den Säuling-Ostgrat, 2. bis 5. Schwierigkeitsgrad, das hörte sich gut an. Außerdem ließ sich die Hälfte des Zustiegs mit dem Bike bewältigen, auch nicht schlecht. Vom Bikedepot aus war es für uns Neuland, abgeschieden auf der Ostseite des Säulings. Wir wanderten unter der dem Säuling vorgelagerten Brunstgratwand zum idyllisch gelegenen Pflacher Älpele, danach zur Koflerjoch-Scharte hinauf.
Nun wurde die Orientierung jedoch unübersichtlich: keine Schilder, kein Weg, nur der bereits sichtbare Ostgrat zur Peilung. Entlang einer nach Süden hin bewaldeten Gratkante waren pfadfinderische Fähigkeiten gefragt: abwechselnd durch kurze Lichtungen, Unterholz oder Dickicht. Gelegentlich standen wir vor tiefen unüberwindbaren Felsspalten, und sahen, dass es jenseits der Kante gut 100 m hinunter ging. Also wieder kurz absteigen, große Blöcke umgehen oder felsige Rippen überklettern.
Irgenwann wurde der Ausblick wieder frei, und siehe da, weiter oben befand sich ein Kletterer am Grat, da mussten wir also hinauf. Je höher wir kamen, desto steiler und schrofiger wurde das Gelände links der Gratkante. Nachdem die Seilschaft wieder verschwunden war, orientierten wir uns zur obersten letzten Tanne, wo sich schließlich der Einstieg mit Bohrhaken befand. Und der erste Eindruck war durchaus gut: es handelte sich um wenig brüchiges und sogar einladendes Felsgelände.
Die erste Seillänge führte uns zunächst über eine leicht geneigte Wand, am oberen Ende nach rechts über die exponierte Gratkante hinauf. Schnell landeten wir auf dem ersten Aufschwung, der sich ein gutes Stück leicht ansteigend in die Länge zog. Bei einem kleinen Wändchen erreichten wir die erste Crux, die erste Schlüsselstelle in der Tour: eine kurze, abweisende und trittarme Verschneidung, die mit ein paar kräftigen Zügen gar nicht so einfach war.
Gleich darauf legte sich die Wand wieder zurück, um auf den nächsten Grathöcker zu gelangen. Der führte zu einer Scharte hinab, wo es vom Stand linkshaltend zuerst noch richtig schön, gleich darauf aber in eine brüchige Rinne ging. Nach ein paar Metern querten wir nach links hinaus, wo der Fels wieder schöner wurde. Obwohl die Orientierung auf der breiten Gratkante meist selbsterklärend ist, war dies die einzige Passage an der man etwas „suchen“ musste.
Wieder folgte leichtes Gehgelände über einen flachen Rücken, danach etwas rechtshaltend der ausgesetzte Abstieg in die Scharte vor dem letzten Aufschwung. Gleich vom Stand weg musste ein enger Kamin, die zweite etwas schwerere Stelle mit geschickter Spreiz- und Stemmarbeit überwunden werden. Wenig später führte einfachere, teils grasdurchsetzte Kletterei auf den Vorgipfel hinauf. In wenigen Minuten erreichten wir dann den gut besuchten Kreuzgipfel.
Der Säuling-Ostgrat ist insgesamt eine lohnende Unternehmung, in Kombination mit dem Bike eine empfehlenswerte Rundtour. Der Grat bietet schöne landschaftliche Eindrücke auf die Ostallgäuer Seenplatte bis hinüber zum in der Ferne gelegenen Starnberger See. Ganz unten thront das berühmte Schloss Neuschwanstein über dem Forggensee. Und die ortskundigen Kletterer werden sicher auch den gegenüberliegenden Geiselstein erkennen.
Der Fels ist überwiegend fest, in den leichteren Längen oft grasdurchsetzt. Geübte Alpinisten tun sich mit der Orientierung leicht, gehen am laufenden Seil und sichern nur an den ewas schwereren Stellen. Man trifft hier aber auch einige Sologänger, die sich ungesichert auf exponierte Passagen einlassen. Es sind mir lediglich die zwei Kaminverschneidungen in Erinnerung, wo man etwas kräftiger zupacken muss. Alles andere ist anregende Kraxelei im 2. bis 4. Grad, der Rest einfache Gratwanderung. Man kann den Grat auch gut mit sportlichen Wanderschuhen begehen.
Schwierigkeit
Zweimal 5+ in den Kamin-Verschneidungen, wenige Stellen 4, sonst 2 bis 3.
Absicherung
Die Tour ist an den exponierten Stellen ausreichend mit Bohrhaken eingerichtet, ebenso die Standplätze. Keile und Friends können zusätzlich eingesetzt werden.
Ausrüstung
50-Meter-Einfachseil, 5 Exen, evtl. Keile und Friends, Schlingen zur Sicherung an Felsköpfen
Ausgangspunkt
Pflach bei Reutte/Tirol. Am Ortsrand Richtung Reutte überquert man das Bahngleis und fährt ca. 1 km zum Parkplatz Säulinghaus hinauf.
Zustieg
Es empfiehlt sich, das Bike mitzunehmen. Vom Parkplatz Säulinghaus über den Schotterweg ca. 5,5 km Richtung Säulinghaus hinauf. Bei einer Kehre mit Beschilderung (Pflacher Älpele, Koflerjoch, Dürrenberg) Bikedepot. Nun nach rechts entlang des Schotterwegs zum Pflacher Älpele, anschließend über einen Pfad hinauf zur langgezogenen Koflerjoch-Scharte. Von hier geht man linkshaltend durchen nach Süden hin abfallenden Wald hinauf. Da es keinen Pfad mehr gibt, ist die Wegfindung ziemlich unübersichtlich. Am besten orientiert man sich an kleinen Lichtungen, gelegentlich müssen auch kurze Felsrippen überstiegen werden. Später verliert sich der Wald in schrofiges Gelände. Hier peilt man die oberste Tanne an, unter der sich der Einstieg befindet. Vom Parkplatz ca. 2 Stunden.
Abstieg
Auf dem Normalweg zum Säulinghaus, dann weiter zum Bikedepot hinab (ca. 1 Stunde)
Übernachtung
Auf dem Säulinghaus www.saeulinghaus.at
Topo
Kletterführer Ammergauer Alpen www.panico.de
Webinfo
www.alpic.net
www.hikr.org
www.hikr.org
Bildgallerie
Brandneu ist der Kletterführer für die Ammergauer Alpen, siehe https://www.panico.de/kletterfuhrer-ammergauer-alpen.html Darin ist das Topo vom Ostgrat natürlich auch enthalten.
Hey Pat, coole Tour! Hat viel Spaß gemacht ?