Skitouren im Averstal

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Mit einer Höhe von 2126 Metern ist Juf die höchstgelegene, ganzjährig bewohnte Ortschaft der Alpen. Gerade im Winter ist die Gegend im obersten Averstal an Idylle kaum zu übertreffen: zwischen den rustikalen Holzhäusern gibt es Bauernhöfe mit dampfenden Misthaufen, ein paar Kühe stapfen kauend vor den Stalltüren herum und gelegentlich vernimmt man das Gackern streunender Hühner im Dorf. Beidseitig des engen Tals ragen steile Schneeflanken auf, die sich oft unter felsigen Gipfeln an der 3000er-Grenze verlieren. Am hinteren Talende thront der mächtige Piz Turba, dem begehrten Ziel vieler Skibergsteiger.

Trotz der Entlegenheit (vom Beginn des Bernardino-Passes sind es immerhin 20 Kilometer nach Juf hinauf) fehlt es den wenigen Bewohnern offenbar an nichts: die urigen Pensionen werden vom benachbarten Bauernhof mit Fleisch, Wurst, Käse und Milch beliefert und sogar ein kleines „Lädeli“ sorgt für etwas Konsum. Ein Postbus verkehrt mehrmals täglich in das kleine Dorf und bringt ein paar Kids in‘s tiefer gelegene „Cresta“ hinab, um den Tag in der Grundschule zu verbringen. Oder der Bus spuckt regelmäßig ein paar Schweizer Skitouristen aus, die auf das Auto verzichten wollen…

Bereits die Anfahrt durch das langgezogene Averstal ist beeindruckend, vor allem für die Kletterer sehr interessant: gleich zu Beginn fährt man durch den tiefverschneiten „Magic Wood“, im Sommer einem der beliebtesten Bouldergebiete der Alpen. Einige Kilometer später tauchen bei Campsut die ersten Eisfälle auf, allen voran der 200 m hohe „Thron“, der zu den schönsten Eisgestalten der Schweiz zählt (die Eiskletter-Kurse sind in der Gegend oft ausgebucht). Die Fahrt geht weiter nach Avers, wo die ersten Skitourenberge, das Grosshorn oder etwas exclusivere Gletscherhorn ins Auge stechen. Und schließlich ist es nicht mehr weit nach Juf, dem Endpunkt dieser langen Sackgasse.

Wenn im Rheintal bereits die Wiesen grünen, herrscht in Juf oft noch tiefster Winter. Durch die hohe Ausgangslage von 2126 Metern sind hier noch bis ins späte Frühjahr hinein Skitouren möglich. Und das Angebot ist üppig, man kann in dem kleinen Bergdorf locker eine Woche verbringen. Eine beliebte Runde ist beispielsweise der Aufstieg zum Stallerberg, Abfahrt nach Bivio am Julierpass und über die Fourcla da la Valletta retour nach Juf. Wer auf dem Piz Turba oder Piz Piot steigt, wird mit phantastischen Blicken in die Bernina und ins Bergell belohnt. Der Paradeberg ist sicher der Piz Platta mit einer Höhe von 3392 Metern. Der Skiaufstieg ist vergleichsweise eher anspruchsvoll und braucht an den Südhängen eine ausreichende Schneemenge, um an den eigentlichen Berg zu gelangen, was uns im schneearmen Winter 2022/23 leider verwehrt wurde.

Darüberhinaus gibt es sonnige Loipen und ein paar Skilifte für einen aktiven Ruhetag. Der große Vorteil: man startet quasi von der Haustür der Unterkünfte, um den jeweiligen Wunschberg zu besteigen. Das Auto kann eine Woche lang stehen bleiben. Trotz der vielen Vorzüge sind die Skitouren allerdings mit Vorsicht zu genießen. Einige Hänge sind ziemlich steil und erfordern sichere Lawinenverhältnisse. Dazu sind die Gipfelbereiche oft exponiert oder bei geringer Schneemenge vereist, sodass man Steigeisen dazu braucht.

Besonders empfehlenswert ist die Unterkunft in der Pension Edelweiß: überaus freundliche Bewirtung mit einem genialen 4-Gänge-Menü, ein üppiges Frühstücks-Büffet, wahlweise Matratzenlager oder gepflegte Doppelzimmer mit Etagendusche. Und für die Hartgesottenen gibt es ein Rustico-Zimmer mit naturbelassener Strohmatratze samt Keramikschüsseln als Deko. Aber natürlich können die Asketen nach einer schweißgebadeten Skitour auch an der Etagendusche teilhaben …

Ausgangspunkt
Juf (2126 m) im Aversatal. Parkplätze befinden sich bei den Unterkünften im Ort.

Ausrüstung
Lawinenaustrüstung, Steigeisen, Pickel

Lawinensicherheit
Sämtliche Skitourenberge können wegen der oft steilen Hänge bis max. Lawinenstufe 2 begangen werden.

Weitere Schwierigkeiten
Bei geringer Schneemenge sind die steilen Gipfelbereiche oft vereist und nur mit Steigeisen zu begehen.

Ein paar Skitourenziele

Uf da Flüe (2775 m)

Der breitgezogene Gipfel zählt zu den am schnellsten erreichbaren Skitourenzielen im hinteren Averstal. Hier gewinnt man einen geeigneten Einblick zu den weiteren Skitourenbergen der Gegend. Von Juf direkt zum breiten Joch des Stallerbergs hinauf. Hier nach rechts auf den Gipfel. Es kann auch ein Stück taleinwärts, danach linkshaltend über die Fourcla da la Valletta aufgestiegen werden. Von Juf ca. 2 bzw. 3 Stunden.

www.sac-cas.ch
www.hikr.org

Wengahorn (2849 m)

Das Wengahorn wird oft als „Hausberg“ von Juf beschrieben. Wegen der Kürze bietet sich die Skitour vor allem für den An- oder Abreisetag an. Ein steiler und gleichmäßiger Nordosthang zieht direkt von Juf zum Gipfel hinauf. Von Juf ca. 2 Stunden.

www.tourentipp.com
www.sac-cas.ch
www.hikr.org
www.maps.viamala.ch
www.bergfex.ch

Mingalunhorn (2965 m)

Klassischer Skiberg an der 3000er-Grenze. Der Berg bietet gleichmäßige Hänge vom Tal bis zum Gipfel hinauf. Bei üppiger Schneemenge kann mit den Skiern bis zum Top aufgestiegen werden, sonst Skidepot in der Scharte zwischen Mingalunhorn und Juferhorn. Von Juf zuerst Richtung Wengahorn, danach diagonal linkshaltend zum Gipfelbereich hinauf. Von der Scharte kann bei sicheren Schneeverhältissen nach rechts auch das Juferhorn bestiegen werden. Abfahrt zurück über die Aufstiegsspur oder direkt in den Talkessel hinab. Von Juf ca. 2 bis 3 Stunden.

www.outdooractive.com
www.hikr.org
www.sac-cas.ch
www.bergmomente.ch

Piz Turba (3018 m)

Am hinteren Ende des Averstals dominiert der Piz Turba als lohnendstes und eindrucksvollstes Skitourenziel. Der gesamte Aufstieg ist durch lange Querungen sehr abwechslungs- und erlebnisreich. Von Juf ca. 30 Minuten taleinwärts, danach linkshaltend zur Fourcla da la Valletta hinauf. Kurz davor nach rechts über eine lange Querung, teilweise absteigend Richtung Piz Turba. Man folgt über gestuftes Gelände rechtshaltend zum steilen Gipfelaufbau, der zu einer Scharte führt (Skidepot). Hier nach links in wenigen Minuten zum Gipfel hinauf. Von Juf ca. 3 bis 4 Stunden.

www.bergwelten.com
www.hikr.org
www.bergfex.ch
www.alpenverein.at

Piz Piot (3053 m)

Der breitgezogene Doppelgipfel erscheint am hinteren Ende des Jufertals. Von Juf taleinwärts, am Talschluss nach rechts auf eine Hochfläche ansteigen. Hier nach links über eine Steilstufe zum Jufer Joch, danach rechtshaltend teilweise exponiert zum Hauptgipfel hinauf (Vorsicht bei Wächtengefahr). Von der Hochfläche kann auch geradeaus weiter bis zum Piot-Joch aufgestiegen werden. Nun bietet sich die Möglichkeit, den kompletten Piot-Kamm zu überschreiten: man quert den Westgipfel horizontal nach rechts und steigt über eine steile Schneeflanke (bei Vereisung heikel) ca. 100 m zu einem langgezogenen Grat auf. Hier nach links auf den Westgipfel und weiter zum Ostgipfel. Abstieg zum Jufer Joch. Insgesamt eine sehr lohnende und eindrucksvolle Unternehmung im Bereich des hinteren Averstals. Vorsicht bei Überwächtung der Grate! Ca. 3 bis 4 Stunden bis zum Hauptgipfel.

www.bergfex.ch
www.hikr.org
www.outdooractive.com
www.sac-cas.ch

Übernachtungen
Pension Edelweiß www.avers-juf.ch
Jufferien jufferien.ch
Gasthaus Alpenrose www.gasthaus-alpenrose-juf.com
Hotel Bergalga www.bergalga.ch

Literatur
Skitourenführer Graubünden Süd www.hugendubel.de

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