Beim ersten Betreten des Klettergartens kamen zunächst Zweifel auf, ob wir hier überhaupt richtig sind. Ein Chaos an Blöcken und umgeknickten Bäumen zeugen im linken Wandbereich von einem Bergsturz aus jüngerer Zeit. Ein paar Meter weiter wird der Wandfuß wieder ebener, wir befanden uns im rechten Sektor mit den leichteren Routen. Der Blick nach oben: Naja, so richtig einladend sieht das hier nicht aus, aber immerhin einfach, und wir wollten unsere Aspiranten heute ja nicht überfordern. Wir ließen uns überraschen …
Dieser Klettergarten gehört der Alpinschule Oberstdorf und wird oft zu Übungszwecken verwendet. Größere kommerzielle Gruppen sollten sich dort anmelden und auch eine Gebühr entrichten. Für Privatpersonen scheint das Klettern in diesem Kleinod jedoch kein Problem zu sein. Dass Chalk im Sandstein weder erforderlich, noch förderlich ist, interessiert hier offenbar auch niemanden.
Der erste Eindruck täuschte. Bereits nach den ersten Klettermetern kam bei unseren Freunden so richtig Laune auf. Die leichten Routen im 3. Bis 4. Schwierigkeitsgrad sind wirklich gut gesichert und man kann auch mal gefahrlos vorsteigen. Gelegentliches Laub auf den Absätzen stört hier kaum. Ganz rechts dominiert Plattenkletterei mit Leisten, wo die Reibung der Sohlen angetestet werden kann. Der zentrale Sektor bietet gestufte Verschneidungskletterei mit Absätzen, Bäuchen und nach oben hinaus steile Wändchen. Hier sind bei einer Höhe von 30 Metern mehrere Zwischenstände eingerichtet und es kann das Mehrseillängen-Klettern geübt werden. Einige Routen im 5. bis 6. Schwierigkeitsgrad überraschen aber auch immer wieder mit tollen Kletterpassagen, die gar nicht so leicht sind wie vermutet. Lediglich unsere Abschluss-Tour, die „Speckschwarte“ (8-) ganz links, machte ihrem Namen alle Ehre …
So ist das Klettergebiet bei Klingenbichl vor allem für Anfänger, Kurse und Kletterer in den unteren Graden interessant. Vielleicht ist dies das beste Einstieger-Gebiet im Raum Allgäu. Die für die Gegend untypischen Sandstein-Felsen liegen idyllisch in einer waldreichen Umgebung und sind besonders für heiße Sommertage geeignet. Der Zugang ist denkbar einfach und kann auch mit Kindern bewältigt werden. Und nach dem Klettern ab ins nahegelegene Oberstdorf, in eine der zahlreichen Eisdielen …
Die Sektoren
Linker Wandbereich: Ganz links befinden sich noch wenige Routen mit steiler schwerer Wand- und Leistenkletterei in den oberen Graden. Der Rest wurde durch einen Bergsturz zerstört.
Mittlerer Wandbereich: Blockiger Teil mit Absätzen. Nach oben hin steilt sich die Wand meist auf und der Schwierigkeitsgrad legt zu. Mit bis zu 30 Meter die längsten Routen im Gebiet. Es sind mehrere Zwischenstände eingerichtet, wo das Mehrseillängen-Klettern trainiert werden kann.
Rechter Wandbereich: Vorwiegend leicht geneigte Plattenkletterei. Wandhöhe ca. 15 Meter. Gut gesichert, anfängertauglich, die leichtesten Routen im Klettergarten.
Routenangebot
Schwierigkeitsgrad 3 7 Routen
Schwierigkeitsgrad 4 3 Routen
Schwierigkeitsgrad 5 8 Routen
Schwierigkeitsgrad 6 3 Routen
Schwierigkeitsgrad 7 1 Route
Schwierigkeitsgrad 8 3 Routen
Schwierigkeitsgrad 9 1 Route
Material
70-Meter-Einfachseil
10 Exen
Helm
Absicherung
Perfekt mit Klebehaken und Schwerlastankern. Die Stände sind mit Umlenkungen eingerichtet (kein Fädeln nötig).
Ausgangspunkt
Von Sonthofen kommend parkt man am zweiten Kreisverkehr vor Oberstdorf auf der rechten Seite (Parkplatz P1).
Zugang
Eine Brücke führt nach rechts über den Bach. Nun folgt man dem Schotterweg nach links, der zur kleinen Ortschaft Klingenbichl führt. Ein paar hundert Meter weiter biegt man nach der zweiten Holzhütte nach rechts in den Wald ab. Über einen breiten Weg gelangt man zu den Kletterfelsen. Vom Parkplatz ca. 15 Minuten. (Anmerkung: Im Kletterführer Allgäu-Rock wird der Zugang von der ersten Holzhütte über einen Trampelpfad beschrieben. Dies ist nicht mehr möglich, weil der Zugang durch einen Zaun abgegrenzt wurde.)
Topo
Kletterführer Allgäu-Rock www.gebro-verlag.de
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