Klettern an der Freispitze

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Was die Felsqualität betrifft, ist die Freispitze in den Lechtaler Alpen mit Sicherheit das lohnendste Klettermassiv zwischen dem Alpstein in der Schweiz und dem Wetterstein-Gebirge bei Garmisch. Das Besondere ist hier die bis zu 500 Meter steil abfallende Südwand, bestehend aus äußerst kompaktem und wasserzerfressenen Rätkalk. Für die sonst eher brüchigen „Lechtaler“ ist dies eine der wenigen Ausnahmen an lohnenden Klettergebieten, die sich an einer Hand abzählen lassen. Die eindrucksvolle Felsgestalt samt Klettermöglichkeiten kann mit den Schweizer Top-Zielen, dem Dachstein, Hochkönig und den Berchtesgadener Traumrouten locker mithalten.

Lange Zeit waren die Südostkante (5+), Linke Südwand (6+) und Schreck-Heel (6+ A0) die gängigen Klassiker der Gegend. Seit den 80er Jahren begegnete man hier den ersten Bohrhaken und die Alpinen Sportkletterer (Reisach, Mayr, Durner, Hofer, Elsner, Schafroth, Schwiersch usw.) waren nicht mehr aufzuhalten. Es entstanden anspruchsvolle Routen wie die Geierwally, Blinde Welt, Kronjuwel, Zauberlehrling, Gelbe Magie, Lechtalschreck usw., meist im 7. – 8. Schwierigkeitsgrad. Nach der Jahrtausendwende entdeckte eine Horde Allgäuer Erstbegeher, u. a. Rainer Treppte, die gegenüberliegende Rote Platte fürs Alpine Sportklettern. Die Felsqualität ist genauso gut, die Routen noch besser, dafür die Schwierigkeiten nicht leichter. Wer sich ab dem oberen 7. Grad wohlfühlt, dem sei dieses Kleinod wärmstens empfohlen …

Eine der leichteren lohnenden Möglichkeiten, auf die Freispitze zu klettern, ist die „Schreck-Heel“. Zwar gibt es da in der zweiten Seillänge eine Bohrhakenleiter der Erstbegeher, die sich vor Jahren mit dem Hand-Bohr-Meisel hinaufmühten, um in leichteres kletterbares Gelände zu gelangen. Die Entscheidung fällt nun schwer, für welche der wildverstreuten teils knietiefen Wasserrillen man sich entscheiden möchte. Da gibt es viele Sanduhr- und Zackenschlingen, oder es kann mit Friends relativ gut zwischengesichert werden um an den nächsten Stand zu gelangen. Der große gelbe Wandausbruch in Wandmitte wird diagonal nach links gequert, danach klettert man wieder entlang der zahllosen Rillen geradeaus empor. Die Tour endet auf dem Ringband links des markanten Turmes. Von hier aus ist der Gipfel in leichter Kletterei (2 – 3) in ca. 15 Minuten zu erreichen.

Aufgrund der Abgeschiedenheit und des langen Zustiegs, sowie der meist anspruchsvollen Routen herrscht an der Freispitze und Roten Platte relativ wenig Kletterbetrieb. Der Handykontakt ins Tal ist schwierig, deshalb ist an Stürze wegen der Reibeisenstruktur der Felsoberfläche nur schwer zu denken. Der Abstieg über das brüchige Mergelkar entlang der Freispitz-Südwand ist unangenehm und mit Vorsicht zu genießen. Je nach Temperatur kann in der Gegend im Schatten (Rote Platte) oder in der Sonne (Freispitze) geklettert werden.

Schwierigkeit

In der Schreck-Heel meist 4 + bis 6-. Die Schlüsselstelle in der Bohrhakenleiter (2. Seillänge) ist frei geklettert mit 6+ zu bewerten. Sie lässt sich jedoch auch gut A-Null bezwingen, 6 obligatorisch.

Absicherung

An der Schlüsselstelle befinden sich noch die alten Stich-Bohrhaken der Erstbegeher. Inzwischen wurden die Stände saniert. Die Route lässt sich mit Sanduhrschlingen und Friends insgesamt gut absichern.

Material

Doppelseil, 10 Exen, Schlingen, Friends in allen Größen, Abseilausrüstung

Zustieg

Von der Schafgufel durchs Parseier Gries weglos taleinwärts und nach rechts unter die Wand. Der Einstieg befindet sich am Beginn einer nach rechts aufziehenden Rampe. Ca. 45 min.

Abstieg

Die Tour endet auf einem schrofigen Band. Von hier kann in leichter Kletterei (2 – 3) auf den Gipfel weiter- und wieder abgestiegen werden (ca. 150 m). Für den Abstieg quert man das Ring-Band nach links bis zu einem Steinmann. Von hier 2 – 3mal über Platten abseilen. Nun entlang des Grates nach Süden und am tiefsten Punkt nach links über das brüchige Megelkar absteigen. Vom Gipfel ca. 1 Std.

Zufahrt

Von Bach im Lechtal (Tirol) ins Madautal bis zu den Parkplätzen bei einer Kapelle. Von hier am besten mit dem Bike ca. 10 km bis zur Materialseilbahn der Memminger Hütte. Bikedepot. Auf der linken Bachseite taleinwärts bis man auf den Weg von der Memminger Hütte zur Ansbacher Hütte trifft. Hier nach rechts hinauf bis ins Parseier Gries, der Hochebene unterhalb der Freispitze. Von der Materialseilbahn ca. 1,5 Stunden.

Übernachtung

Jahrelang war es üblich bei der Schafgufel, einer kleinen Hütte unter einem Felsvorsprung, zu biwakieren. Dies wird vom Hirten jedoch nicht mehr gern gesehen, da manche Kletterer hier ihren Müll hinterlassen haben. Deshalb höflich fragen oder etwas darüberliegend in Richtung Parseier Gries biwakieren. Wasser gibt es aus einem in der Nähe liegenden Bachlauf.

Topos

Kletterführer Lechtaler Alpen, Panico-Verlag

Webinfos

www.4hofers.de
www.walter-hoelzler.de

 

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4 Gedanken zu „Klettern an der Freispitze“

  1. Bei der Einleitung zu den Erschliessern fehlt Günter Durner – unter anderem Lechtalschreck ( eine Wahnsinnstour mit Nimbus -im Stil der 80er), Quertreiber, Geierwally ( noch eine Wahnsinnstour), Reifeprüfung, und Juwelenraub

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  2. Wunderschöne Tour mit wunderschönem Ambiente. Insgesamt einer der schönsten Touren, die ich im Allgäu kenne.
    Vom Gesamtanspruch (Schwere des Rucksacks, Zustieg, Länge der Tour, Absicherung, Abstieg) nicht zu unterschätzen. Wir sind um 7Uhr morgens los und sind um 19Uhr bei unserer Biwakstelle (Schafgufel) angekommen. Bohrhaken gibt es nur in den Schlüsselseillängen, man kann die Tour aber durchwegs gut bis sehr gut mit Friends und Schlingen absichern. Der Abstieg über die Mergelrippen ist ein wenig heikel, ich würde im Nachhinein einfach abseilen (Was prinzipiell möglich ist, evtl. muss eine Schlinge geopfert werden). Wir werden auf jeden Fall zurückkommen…sehr lohnend!

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