Der Zustieg zum Kleinen Säuling ist eigentlich vollkommen harmlos, blockiges Gelände führt vom Säuling-Haus hinüber zum Einstieg. Da kippt mir plötzlich ein wackeliger, zentnerschwerer Stein auf den rechten Fuß, eingeklemmt, stechender Schmerz, Philipp befreite mich und Sekunden später war der Tag im Eimer. Mit dieser Schwellung am Fußgelenk war an ein Weiterarbeiten an unserer Route nicht zu denken. Also mit Bike zurück ins Tal, Notaufnahme im Kemptener Krankenhaus, Diagnose Knöchelbruch. So wurde ich zum permanenten Nachsteiger in den kurz darauffolgenden Sommerferien verdammt …
Auch dieser Frust nahm ein Ende und im Herbst wurde die Route am Kleinen Säuling schließlich fertig. Schon merkwürdig, dass sich bis dahin kaum jemand für diese geniale, ca. 180 Meter hohe Wand gleich hinter dem Säulinghaus interessiert hat. Das Ziel der Erstbegeher war wohl immer der benachbarte Große Säuling, ein formschöner Felszapfen mit phantastischem Rundblick. Der Ammergauer Fels ist im Gegensatz zum teilweise splittrigen Tannheimer Fels überwiegend bombenfest und so auch die Westwand des Kleinen Säulings.
Mit verschiedenen Kletterpartnern legte ich zunächst eine Fixseilkette in die Wand. Nun begann die Feinarbeit, bei der ich am Fixseil hängend meist alleine unterwegs bin: lose Steine auf den Bändern in die Tiefe befördern, störende Botanik entfernen und schließlich Haken für Haken in die optimalste bzw. homogenste Linie setzen. Nach mehreren Tagen Knochenarbeit konnte sich das Ergebnis sehen lassen, es ist dabei eine steile phantastische Alpine Sportkletterroute entstanden. Die Standplätze befinden sich auf den Bändern, dazwischen ist abwechslungsreiche Wand- und Verschneidungskletterei an kleinen Löchern und Leisten angesagt. Der kurze Zustieg von der Hütte und eine unkomplizierte Rückzugsmöglichkeit machen die Route zu einer lohnenden Unternehmung.
Die Tour endet auf einer großen Wiese am Gipfel des Kleinen Säulings und wer noch höher hinaus will, kann in einer knappen Stunde über den Südgrat (4 – 5) oder die Südwand (max. 3) weiter zum Säuling-Hauptgipfel weitersteigen. Der Blick von dort oben ist überragend: Schloß Neuschwanstein, das Alpenvorland bis hin zum Starnberger See, Zugspitze, Lechtal, Tannheimer Berge usw. Der Abstieg erfolgt in einer Stunde über den Normalweg nach Osten zurück zum Säulinghaus.
Neben den Routen am Großen Säuling gibt es wenige Minuten unterhalb des Säulinghauses den Klettergarten „Brunstgratwand“ mit ca. 20 Routen vom 6. – 8. Grad. Hier können beim Zu- oder Abstieg vom Säulinghaus die Arme nochmal langgestreckt werden. Topos gibt’s im Kletterführer Lechtal-Rock, Gebro-Verlag
Schwierigkeit
Überwiegend 6+/7-, Schlüsselstelle frei 7+ und jeweils eine Seillänge 5+ bzw. 3. (6 obligat.)
Absicherung
Die Route ist an den schweren Stellen sportklettermäßig abgesichert. In den leichteren Passagen muss auch mal von den Haken weggeklettert werden.
Material
12 Exen, Helm, Abseilausrüstung, Doppelseil. Keile und Friends erübrigen sich bzw. sind nicht einsetzbar.
Exposition
Westseitig. Es kann je nach vorhanderner Temperatur vormittags im Schatten bzw. nachmittags in der Sonne geklettert werden.
Zustieg
Vom Säulinghaus nach Osten durch ein Waldstück und anschließend über blockiges Gelände in ca. 10 min zum Wandfuß. Der Einstieg befindet sich in Falllinie des Kleinen Säulings.
Abstieg
Üblicherweise wird über die Route abgeseilt. Die erste Abseilstelle befindet sich ca. 15 m auf der Wiese hangabwärts, rechts hinter einem großen Block. Es kann jedoch auch über die Südflanke auf den Großen Säuling weiter aufgestiegen und anschließend über den Normalweg zum Säulinghaus wieder abgestiegen werden.
Stützpunkt
In ca. 1,5 Stunden zu Fuß oder mit dem Bike über den Schotterweg zum Säulinghaus. Wer mit dem Rad hochfährt, wird nach der Tour mit einer 6-Km-Abfahrt belohnt. Das Bike kann unterhalb des Säulinghauses auf einem großen Wendeplatz deponiert werden. Danach geht es zu Fuß über den Wanderweg in ca. 30 min weiter zur Hütte.
Talort
Plach bei Reutte/Tirol. Am östlichen Ortsrand führt eine kleine Fahrstraße in ca. 1 km zum Parkplatz unterhalb des Säulings.
Topos
Kletterführer Allgäu/Ammergau incl. Tannheimer Berg, Panico-Verlag
Sportkletterführer Lechtal-Rock, Gebro-Verlag
Heute war das Triple “Guat gflickt in Reutte, Knöchelbruch und Pussy Riot tatsächlich jeweils belegt. Knöchelbruch war wie immer gut. Da westseitig, macht es aktuell keinen Sinn vor Mittag in die Tour einzusteigen. Es ist einfach noch zu frisch, vor allem wenn ein Windchen weht. Am Wandfuß liegt nur noch wenig Schnee. Das Säulinghaus hat geöffnet. 6,5 Kilometer in 30 Minuten mit dem E-Bike zum Wendeplatz, in weiteren 30 Minuten zu Fuß bis zum Einstieg. Die Brunstgratwand wird mittlerweile auch wieder regelmäßig besucht. 8er, 9er und 10er vormittags im Schatten klettern. Da scheint der Grip besonders gut zu sein …
Sind gestern mit dem ebike in 30 Minuten hoch. Zu fuss dann noch weitere 30 Minuten zum Einstieg. Mega tour, sicher die beste im säuling gebiet. Anschließend noch weiter über die ostflanke zum hauptgipfel. Super Runde zurück zum säulinghaus. Hier gibts neue wirtsleute mit guter Verpflegung. …
Aktuell scheint ab 14 Uhr die Sonne in die Wand. Kennt zufällig jemand die Erstbegeher der Tour links daneben? Die mit den goldenen Gerüstankern …
Pat
Hallo Thomas,
die Brunstgratwand ist im Kletterführer Lechtal-Rock vom Gebro-Verlag vertreten. Die Topos sind auch im Kletterführer Allgäu-Ammergauer enthalten, der ist jedoch mittlerweile vergriffen. Eine Neuauflage eines Ammergauer-Führers ist geplant.
Viele Grüße von Pat
Servus, in welchem von den beiden Führern ist den der Klettergarten Brunstgratwand im aktuellen Stand drin? Ammergauer oder Allgäurock?
1000 Dank!
Hallo Chris,
danke für deinen Beitrag. Tolles Video! Du bist ja ein wilder Hund, so völlig ungesichert!
Viele Grüße von Pat
Hi Pat,
Danke dir für die Info! So macht das schon deutlich mehr Sinn. In meinem (recht aktuellen) Panico-Alpinkletterführer (Allgäu&Ammergau) ist der Südgrat nicht erwähnt. Die Schlüsselstelle ist eigentlich richtig toll in rauem, kompaktem Fels gehts zuerst recht steil und ausgesetzt an einer Piaz-Schuppe mit anschließendem Mantler aufwärts und anschließend in einer Rissverschneidung recht anhaltend weiter. Danach flacht der Grat schnell ab und läuft schmal, brüchig aber leicht zum Gipfel hin aus. Falls es dich interessiert, gibt es ein paar Eindrücke im Video anbei. Die Schlüsselstelle aus einer kleinen Scharte heraus ist etwa bei Minute 1:24 zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=blzNHzKGJyg&t=0s
Hallo Chris,
wir sind nach einer Begehung des Knöchelbruchs ein Stück den Südgrat hochgeklettert und anschließend nach rechts in die Südwand hinausgequert. Im Panico-Führer ist der Südgrat mit 4+/5- angegeben. Vielleicht sollte ich den Südgrat mal komplett durchsteigen, um mir ein genaus Bild zu verschaffen. Bis dahin korrigiere ich den Schwierigkeitsgrad im Text. In der Südwand haben wir keine Haken gesehen, vielleicht sind die auch neu. Soweit ich mich erinnere, ist das mehr Schrofen-Kraxelei mit mehreren Varianten. Danke für die Info und viele Grüße von Pat
Hi Pat!
Du schreibst zum Weiterweg vom Kleinen auf den Großen Säuling, dass der Südgrat ein 4er sein soll. Woher nimmst du diese Info? Bist du ihn selbst schon gegangen? Ich bin ihn vor einer Woche hoch und war dann doch etwas verwundert ob der dort angetroffenen Schwierigkeiten… mag sein, dass die Kombination aus “seilfrei + ausgesetzt” die Wahrnehmung immer etwas beeinflusst, aber eigentlich fühle ich mich in luftigen 4ern bislang auch ohne Strick meist recht wohl. Dort wars grenzwertig. Ich bin immer an der Kante geblieben, habe zahlreiche Schlaghaken (auch Standhaken geschlagen) angetroffen, aber Bohrhaken hab ich nur deutlich weiter rechts entdeckt (die von dir erwähnte Südwand/3?).
Danke schon mal im Voraus für die Aufklärung.
Kraxl-Gruß,
Chris